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Öko ist in

Marcus Lütticke19. Januar 2013

Die Deutschen gelten als Musterknaben in Sachen Umweltschutz. Und tatsächlich liegt das Thema vielen Menschen am Herzen. Aber sie verhalten sich nicht immer entsprechend. Das belegt eine neue Studie.

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Solarenergie und Windenergie (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance

Müll trennen, mit dem Fahrrad fahren, Biobrot kaufen: Umweltschutz ist für die Deutschen das zweitwichtigste politische Thema überhaupt. Das geht aus der Studie "Umweltbewusstsein in Deutschland 2012" hervor, die Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) jetzt in Berlin vorgestellt hat. Nur der Wirtschafts- und Finanzpolitik messen die Deutschen noch etwas mehr Bedeutung bei, so die Untersuchung.

Auch der Alltag spiegelt diese Einstellung zunehmend wider. So beziehen mittlerweile 20 Prozent der Verbraucher ihren Strom aus regenerativen Quellen. Bei der Befragung vor zwei Jahren waren es nur acht Prozent. Auch legten mehr Leute ihr Geld in erneuerbaren Energien an; statt vier Prozent (2010) sind es nun zwölf Prozent. Der Grund hierfür könnte neben dem gesteigerten Umweltbewusstsein aber auch einfach darin liegen, dass diese Anlageform lukrativ ist.

Bundesumweltminister Altmaier zeigt sich zufrieden mit den Ergebnissen: "Das bestärkt mich in der Auffassung, dass das Umweltbewusstsein in unserer Gesellschaft viel stärker ist, auch die vergangenen Jahre viel stärker gewesen ist, als es in der politischen Wahrnehmung bisweilen reflektiert wird."

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin im Oktober 2012. (Foto: dapd)
Bundesumweltminister Peter AltmaierBild: dapd

Besorgniserregende Trends

In einigen Punkten zeigt die Studie jedoch auch negative Entwicklungen. So gaben nur 77 Prozent der Befragten an, dass sie ihren Müll trennen. Im Jahr 2010 waren es noch 90 Prozent. Ebenfalls rückläufig war die Bereitschaft, nicht benötigte Geräte und Lichtquellen auszuschalten. Auch planten weniger Verbraucher, energiesparende Geräte anzuschaffen.

Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes, das gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium die Studie in Auftrag gab, bereiten diese Ergebnisse Sorge. Im Gespräch mit der Deutschen Welle liefert er Erklärungsansätze: "Der Bereitschaft, energiesparende Geräte anzuschaffen, wollen wir noch mal mit vertiefenden Fragen nachgehen. Das ist natürlich ein alarmierendes Zeichen, aber möglicherweise liegt es auch daran, dass in den vergangenen Jahren schon viele sparsame Geräte gekauft wurden und daher der Bedarf momentan gering ist." Noch besorgniserregender ist für ihn jedoch, dass weniger Menschen Lampen und elektrische Geräte ausschalten, wenn sie diese nicht brauchen. "Hier müssen wir noch besser aufklären, denn die Leute können dadurch ja auch einfach Geld sparen."

Klimaberater der Bundesregierung und Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, November 2011 in Berlin. (Foto: picture alliance/dpa)
Jochen Flasbarth, UmweltbundesamtBild: picture-alliance/dpa

Mit Umweltschutz mehr im Portemonnaie

Generell scheint das Geld für viele Deutsche der beste Antrieb zu sein, sich umweltbewusst zu verhalten. So gaben über 90 Prozent der Befragten an, dass sie auf einen geringen Wasser- und Energieverbrauch achten, um zu sparen. Auch für 69 Prozent der Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel ist der Preis ein entscheidender Grund dafür, aufs Auto zu verzichten.

Bei der Ernährung setzt sich dieses preisbewusste Verhalten fort. Für 44 Prozent der Befragten ist es besonders wichtig, dass Lebensmittel günstig sind. Außerdem sind die Frische und die Qualität entscheidend. Bio-Produkten stehen viele Deutsche skeptisch gegenüber: Nur für sechs Prozent der Befragten ist "Bio" ein entscheidendes Kriterium beim Kauf. Und Leute, die keine Öko-Produkte kaufen, vertrauen auch dem Bio-Siegel nicht. 47 Prozent der Menschen dieser Gruppe gaben an, sie seien unsicher, ob auch Bio drin ist, wo Bio drauf steht.

Ein Interregio-Express (IRE) steht im November 2012 im Hauptbahnhof in Stuttgart. (Foto: picture alliance/dpa)
Öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, ist oft billiger als AutofahrenBild: picture-alliance/dpa

Einheitliche Siegel gefordert

Für Jochen Flasbarth vom Umweltbundesamt ist das ein Alarmsignal: "Wir interpretieren das so, dass die Verbraucher durch eine wahre Siegelflut sehr verunsichert sind. Inzwischen fangen einzelne Handelsketten an, eigene Siegel aufzulegen, und das führt zu einer weiteren Verwirrung der Verbraucher." Ein klares Plädoyer also für eine Vereinfachung.

Ein Biosiegel auf einer Packung Kresse (Archivfoto) (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Einen eindeutigen Trend gibt es übrigens nicht: Zu Beginn der 1990er Jahre war die Umwelt 60 Prozent der Befragten sehr wichtig. Gut ein Jahrzehnt später, 2002, waren es nur 14 Prozent. Und in der jüngsten Studie ist der Anteil wieder auf 35 Prozent gestiegen. Warum die Entwicklung einer Berg- und Talfahrt gleicht, ist nicht bekannt.