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Ökumene im Schatten des Missbrauchsskandals

12. Mai 2010

Mit einem Gottesdienst auf der Theresienwiese ist der 2. Ökumenische Kirchentag in München eröffnet worden. Die Veranstalter erhoffen sich einen Schub für die Ökumene. Aber auch sexueller Missbrauch ist ein Thema.

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Erzpriester Constantin Miron klopft vor der Theatinerkirche in München auf ein Stundenbrett. (Foto: dpa)
Vor der Theatinerkirche in München ruft Erzpriester Miron zum GottesdienstBild: picture alliance/dpa

Sieben Jahre mussten Katholiken und Protestanten in Deutschland seit dem ersten Ökumenischen Kirchentag in Berlin warten, bis ein neues ökumenisches Großtreffen zustande kam. Nun ist es soweit: Rund 125.000 Dauergäste werden zum größten europäischen Christentreffen erwartet, das am Mittwoch (12.05.2010) in München mit feierlichen Open-Air-Gottesdiensten begonnen hat.

Kirchentagspräsident Alois Glück (Foto: AP)
Kirchentagspräsident Glück räumt Vertrauensverlust einBild: AP

Die anhaltende Debatte über sexuellen Missbrauch im Bereich der Kirche lässt auch den Kirchentag nicht los. Kurzfristig wurden zu diesem Thema weitere Veranstaltungen ins Programm gehoben. Der katholische Kirchentagspräsident Alois Glück sagte, das Christentreffen werde sich offen dem Thema Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen stellen. Vertrauen sei in der Vergangenheit zerstört worden, nun müssten die Opfer im Mittelpunkt stehen.

Papst verurteilt Missbrauch

In einem Grußwort rief Papst Benedikt XVI. die Christen auf, sich trotz der jüngsten Missbrauchsskandale nicht von der Kirche abzuwenden. Die Kirche bleibe der Ort der Hoffnung, heißt es in dem Schreiben. Erneut verurteilte Benedikt, der sich derzeit in Portugal aufhält, den sexuellen Missbrauch in der Kirche.

Großer Andrang bei der Eröffnungsmesse auf der Theresienwiese in München (Foto: AP)
Großer Andrang bei der Eröffnungsmesse in MünchenBild: AP

Auf dem Programm des fünftägigen Christentreffens, an dem sich neben der evangelischen und katholischen Kirche auch die Orthodoxen beteiligen, stehen rund 3.000 Veranstaltungen zu sozialen, religiösen und politischen Themen. Die Organisatoren setzen darauf, dass vom Kirchentag Signale für Kirche und Gesellschaft ausgehen. Dazu gehört auch der Brückenschlag zwischen den Konfessionen.

Gemeinsames Abendmahl bleibt Streitpunkt

Im aktuellen innerkirchlichen Hauptstreitpunkt, der Frage des gemeinsamen Abendmahls, schlossen die Bischöfe der gastgebenden Kirchen, der evangelische bayerische Landesbischof Johannes Friedrich und der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx, eine rasche Einigung aus. Sie betonten jedoch kurz vor dem Treffen, dass Fortschritte in den Beziehungen zwischen den Kirchen möglich seien. Friedrich sagte: "Wir wollen und brauchen die Ökumene." Der Kirchentag sei jedoch kein Ort, wo theologische Lehrfragen zur Einheit geführt werden könnten. Marx äußerte die Hoffnung, dass der Kirchentag einen Schub auf dem gemeinsamen Weg zur Einheit geben werde.

Köhler sieht "schwere Krise"

Die Bischöfe Friedrich und Marx (rechts) bei der Auftaktmesse des Kirchentags (Foto: AP)
Die Bischöfe Friedrich und Marx (rechts) bei der Auftaktmesse des KirchentagsBild: AP

Bundespräsident Horst Köhler sagte in einem Grußwort, der ökumenische Kirchentag komme zur rechten Zeit. "Führungsversagen, Missbrauch, Misshandlung - all das hat zu einer schweren Krise geführt." Viele hätten der Kirche den Rücken gekehrt, viele Gläubige schämten sich. Nun komme es darauf an, wie mit den Taten umgegangen werde. "Aufklärung und Zuwendung zu den Opfern sind das Gebot der Stunde. Aber auch der Blick nach vorn, der Wille zur Selbsterforschung und zur Umkehr."

Auch Vertreter von Grünen und Union erwarten vom Kirchentag Anstöße zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen. Die Grünen-Bundesvorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir betonten, dass das Engagement der Christen unentbehrlich sei, um die globalen Krisen von Wirtschaft, Klima und Ernährung zu bewältigen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier rief die Kirchen zu stärkerer Kooperation auf. "Wir haben in den letzten Jahren in der Ökumene an Boden verloren", mahnte Steinmeier.

Autor: Reinhard Kleber (epd, kna, dpa, afp)

Redaktion: Dirk Eckert