1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Öl ins Feuer?

7. Januar 2003

Israel übt Vergeltung für zwei Selbstmordanschläge in Tel Aviv. Dazu gehören nach einem Beschluss des israelischen Kabinetts auch verschiedene Militäroperationen. Der Vorwurf der Palästinenser: Israel gieße Öl ins Feuer.

https://p.dw.com/p/36Tf
Gewalt und GegengewaltBild: AP

Nach den Selbstmordanschlägen in Tel Aviv hat das israelische Kabinett am Montag (6.01.2003) Vergeltungsmaßnahmen gegen die Palästinenser beschlossen. Zwei Palästinenser hatten sich am Sonntagabend kurz hintereinander in die Luft gesprengt und dabei 23 Menschen mit in den Tod gerissen. Rund hundert weitere wurden verletzt. Der Doppelanschlag ereignete sich zu Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes - am 28. Januar wird in Israel gewählt. Zu dem Doppelschlag bekannte sich eine Splittergruppe der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden, die der Fatah-Organisation des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat nahe stehen.

Drastische Vergeltungsmaßnahmen

Militärschlag: ein palästinensisches Haus wird in Gaza Stadt von einer Rakete getroffen
Raketenangriff auf GazaBild: AP

Nachdem das israelische Kabinett in einer Nachtsitzung über Reaktionen auf den blutigsten Anschlag seit sechs Monaten beraten hatte, beschossen israelische Kampfhubschrauber bereits am späten Sonntagabend die Stadt Gaza mit Raketen. Im Süden des Gaza-Streifens rückten Panzer auf autonomes Gebiet vor und drangen in das Flüchtlingslager Rafah ein. Ziel der Raketenangriffe waren nach Angaben von Augenzeugen Metallfabriken. Die israelische Armee erklärte, in den beschossenen Fabriken würden Waffen hergestellt, darunter Raketen und Mörser.

Ferner beschloss das Kabinett offenbar, führende palästinensische Extremisten ermorden zu lassen. Man wolle "zielgerichtete" Operationen ausführen zu lassen, so die offizielle Sprachregelung für diese in der Vergangenheit bereits durchgeführten Tötungsmaßnahmen. In Rafah an der israelisch-ägyptischen Grenze zerstörten israelische Soldaten bereits am späten Sonntagabend das Haus eines Führers der militanten Organisation Islamischer Dschihad.

Reiseverbot für Politiker

Yassir Arafat
Jassir Arafat hat wieder ReiseverbotBild: AP

Zugleich verschärfte die israelische Regierung die Restriktionen für die Bewegungsfreiheit der Palästinenser. Der Autoverkehr von Palästinensern im Westjordanland wird weiter eingeschränkt. Vertretern der Autonomiebehörde sollten strengere Reisebeschränkungen auferlegt werden. "Sie haben das Vertrauen verletzt, so dass wir das Recht haben, solche Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, das sich solch schreckliche Terroranschläge nicht ereignen", rechtfertigt Ariel Scharons Berater Raanan Gissin die drastischen Maßnahmen.

Demzufolge dürfen ranghohe Palästinenser auch nicht an geplanten Gesprächen über die Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde in London teilnehmen. Auch ein Treffen des Palästinensischen Zentralrates am Donnerstag in Ramallah soll verboten werden. Eine weitere Reaktion auf die Anschläge: Drei palästinensische Universitäten sollen geschlossen werden, darunter auch die von Nablus.

Eskalation statt Terrorbekämpfung

Ein zerstörtes Haus in Gaza Stadt, Palästina
Raketeneinschlag in Gaza StadtBild: AP

Die palästinensische Führung verurteile unterdessen mit allem Nachdruck Terroranschläge auf israelische Zivilisten und distanzierte sich nachdrücklich. Zugleich wies sie Anschuldigungen zurück, in die Anschläge verstrickt zu sein. Der palästinensische Chefunterhändler und Kommunalminister Sajeb Erakat wirft Israel vor, mit seiner Militäraktion im Gazastreifen "Öl ins Feuer" zu gießen. Die Vergeltungsangriffe in der Nacht zum Montag würden Israel nicht zu Sicherheit und Stabilität verhelfen, sondern die Fortsetzung von Gewalt und Chaos bringen, sagte Erakat am Montag in Gaza.

Tatsächlich scheint die Strategie, mit der die israelische Armee solchen Attentaten vorbeugen will, nicht aufzugehen: Ohne Pause hatte sie ihre Einsätze in den Palästinensergebieten in den letzten Wochen fortgesetzt, um wie es hieß, Terrorzellen zu zerschlagen. Bei Razzien nahmen die Truppen dutzende mutmaßlicher Gewalttäter fest. Im Laufe des Dezembers töteten israelische Soldaten 45 Palästinenser, darunter auch Frauen und Kinder. Militante Palästinenser hatten daraufhin Rache angekündigt. (am)