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Ölkatastrophe und Imagepflege

13. Mai 2010

Die Ölkatstrophe im Golf von Mexiko hat den Ruf von BP ramponiert. Nun bemüht der Konzern in Not geratene Fischer, um verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen.

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Bild: DW

Jesse Morris ist seit 50 Jahren Fischer, genauer Shrimp-Fischer in dem Dorf Venice im Mississippi-Delta. Gemeinsam mit seiner Frau fuhr der inzwischen 65jährige rüstige Mann Tag für Tag hinaus aufs Meer. Sie arbeiteten oft in der Nacht, schliefen am Vormittag. Das Ehepaar Morris hat vier Kinder und neun Enkelkinder: ihr ganzer Stolz. Vor fünf Jahren suchte Hurrikan Katrina ihren Ort heim. Sie verloren einen Großteil ihres Besitzes. Doch der Wiederaufbau ging zügig voran. Der Hurrikan brachte aber nicht nur Verwüstung, sondern spülte auch Massen von Shrimps in die Netze der Fischer. Deshalb war der Fang in jenem Sommer so groß wie nie zuvor. Das erleichterte den Neuanfang sehr.

Miodrag Soric
Miodrag SoricBild: DW

In diesem Jahr ist alles anders. Washington erließ wegen der Ölkatastrophe ein vorläufiges Fischfangverbot in großen Teilen des Golfes von Mexiko. Zum ersten Mal darf Jesse Morris nicht fischen. Seine Rechnungen muss er dennoch bezahlen. Also was tun?

Das Angebot des BP-Konzerns, sein Boot anzumieten, um es für Aufräumarbeiten zu nutzen, kommt ihm gelegen. Schnell wird man sich handelseinig. Und doch hat der Handel einen Haken. Der alte Mann soll BP sein Boot übergeben – vor laufenden Fernsehkameras.

Wir treffen ihn, als er zusammen mit seiner Frau, seinem ältesten Sohn und hilfreichen Nachbarn seine Fischernetze abmontiert. Ein Fischkutter ohne Netze ist wie eine Mühle ohne Flügel. Ein trauriger Anblick. Doch was hilft es? Er setzt sich hinter das Steuer und tuckert in Richtung Übergabestelle, wo ihn ein Repräsentant des BP-Konzerns erwartet - und natürlich sind auch die neugierigen Fernsehkameras der großen amerikanischen Sender da. Der alte Fischer macht eine gute Miene zum bösen Spiel. Er sagt wenig und ist froh, seinen Scheck in der Tasche zu haben.

Wir wenden uns ab und reden lieber mit seiner Frau. Die resolute Dame meidet das Scheinwerferlicht. Dafür redet sie Klartext. BP, sagt sie, mache das nur, um in einem besseren Licht zu erscheinen. Sie würde viel lieber auf das Geld von BP verzichten und dafür, wie in der Vergangenheit, mit ihrem Mann Shrimps fischen.

Selbst wenn es BP gelänge, das Leck zu schließen: Millionen Liter Öl bleiben im Wasser. Das Ansehen des Konzerns ist beschädigt. Da kann es nicht schaden, schon jetzt eine PR-Kampagne zu starten. Die Bilder vom Fischer, der Dank BP wieder zu Geld kommt, passt da gut ins Konzept.

Autor: Miodrag Soric
Redaktion: Hartmut Lüning