1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ötzi hatte eine Mageninfektion

8. Januar 2016

Forscher haben in der etwa 5250 Jahre alten Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen ein besonders aggressives Darmbakterium entdeckt. Heute sind Heliobacter pylori-Erreger vor allem in Asien verbreitet.

https://p.dw.com/p/1HZsc
Italien Südtirol Ötzi Todesursache
Die Leiche des Menschen aus der Kupfersteinzeit wird im Archäologiemuseum Bozen aufbewahrt.Bild: AP

Fast 25 Jahre liegt die Entdeckung der Gletscherleiche Ötzi zurück. Aber noch immer gibt der Leichnam Forschern immer wieder Geheimnisse preis. Jetzt hat ein Forscherteam im Magen von Ötzi das Darmbakterium Heliobacter pylori nachgewiesen.

Die gefundene, besonders aggressive Variante des Bakteriums kann Magengeschwüre und auch Magenkrebs verursachen. Die Studie wurde heute in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht.

Entschlüsselung des Bakteriengenoms eine besondere Leistung

Der Wiener Paläopathologe und Universitätsprofessor Albert Zink hält die Entdeckung des Keims durch Genomanalyse für einen Glücksfall. "Es war sehr unwahrscheinlich, etwas zu finden, da Ötzis Magenschleimhaut nicht mehr vorhanden ist", sagt er.

Fündig wurden die Forscher am Ende durch die Untersuchung der gesamten DNA des Mageninhalts. Das es gelungen ist, das Genom des etwa 5250 Jahre alten Bakteriums zu rekonstruieren, hält auch der Arzt Sebastian Suerbaum vom der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) für einen "technologischen Durchbruch". Er war nicht an der Studie beteiligt.

Gesichtsrekonstruktion - Ötzi
So sah Ötzi wohl aus. Wissenschaftler des Archäologiemuseums haben sein Gesicht rekonstruiert.Bild: dapd

War Ötzi ein Migrant?

Die ältesten bekannten Heliobacter pylori-Proben stammen aus den 1980er Jahren. Erst 1983 wurde das Bakterium entdeckt. Wahrscheinlich gibt es den Keim beim Menschen aber schon seit über 100.000 Jahren. Heute kann er bei etwa der Hälfte der Weltbevölkerung nachgewiesen werden. Der gefundene Stamm ähnelt Varianten, die heute in Mittel- und Südasien kursieren. Daraus schließen die Forscher, dass Ötzi kein typischer Bewohner der Alpen gewesen sei.

Der Paläopathologe Zink, der mit anderen Forschern die Studie geleitet hat, ist auch Leiter des Instituts für Mumien an der Europäischen Akademie Bozen. Das DNA Labor war eigens für die Untersuchung von Ötzi gegründet worden, widmet sich jetzt aber auch anderen Fällen. Ötzi selbst lagert im Südtiroler Archäologiemuseum Augustin Ochsenreiter in Bozen.

Schon viele Geheimnisse gelüftet

Bergwanderer hatten die Leiche aus der Kupfersteinzeit am 19. September 1991 auf einem Gletscher am 3208 Meter hohen Tisejoch gefunden. Dort hatte sie wohl seit dem Tode Ötzis im Eis gelegen und war ungewöhnlich gut konserviert worden.

Forscher konnten bereits herausfinden, dass Ötzi durch eine Pfeilspitze an der Schulter verletzt und wahrscheinlich auch dadurch getötet worden war. Kurz zuvor hatte er unter anderem Fleisch von einem Ziegenbock gegessen. Man weiß auch, dass er Karies hatte und unter Stress und Borreliose litt. Augenfarbe, DNA und Blutgruppe sind bekannt - ebenso, dass der Gletschermann laktoseintolerant und tätowiert war.

fs/hf (dpa)