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Über den Fado hinaus

Leona Frommelt22. Januar 2004

Die Sängerin Misia ist die unbestrittene Ikone des portugiesischen Klagelieds, des Fado. Auf ihrer aktuellen CD "Canto" verlässt sie den Fado und bricht zu neuen musikalischen Ufern auf. Das Resultat ist überwältigend.

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Die ewig melancholische Misia ist wieder on tourBild: Presse

Nur wenige portugiesische Kulturschaffende werden international gefeiert. Eine von ihnen ist Misia. Neben der Musikergruppe Madredeus sowie den berühmtesten Schriftstellern des Landes, Antonio Lobo Antunes und José Saramago, gilt sie als "kulturelle Botschafterin" Portugals.

Mit Leib und Seele Künstlerin

Misia, Fado
MisiaBild: Presse

Die in Spanien aufgewachsene Misia stammt aus einer Künstlerfamilie: Ihre Großmutter war Varieté-Star, ihre Mutter eine klassische Ballerina. So ergibt es sich fast von selbst, dass auch die Tochter eine künstlerische Laufbahn einschlägt. Misia arbeitet erst als Trapezkünstlerin, dann als Tänzerin, bevor sie sich der Musik zuwendet.

Nachdem sie in Madrid zahlreiche unterschiedliche musikalische Erfahrungen gesammelt hat, zieht es Misia nach Lissabon, der Heimat des Fado (von lat. Fatum = Schicksal). Hier beginnt sie gemeinsam mit Musikern, Komponisten, Liedtextern und Poeten ihr Repertoire zusammen zu stellen: Jene rauhen, nostalgischen Fados, die mit ihrer ungewöhnlichen Kraft und Intensität die Zuhörer in ihren Bann ziehen.

Eigene Interpretationen

Misia, Fado
MisiaBild: Presse

Misia respektiert die Tradition dieser Kunst, die untrennbar mit der portugiesischen Kultur verbunden ist. Aber sie versteht es auch, den Fado grundlegend zu erneuern. So benutzt sie ungewöhnliche Instrumente wie Violine, Akkordeon und Piano. Und: Zeitgenössische Autoren Portugals schreiben eigens für sie neue Texte. Damit hat Misia der ureigenen Liedtradition Lissabons ein neues Gesicht gegeben: "Fado ist ein Relikt der älteren Generationen, er schien langsam zu vergammeln und wurde meist nur für den Tourismus restauriert. Aber mit diesem Image möchte ich nichts zu tun haben. Es war eine Wagnis, diese Musik zu modernisieren, ihr neue, literarische Inhalte zu geben, und nicht mehr nur von Abschied, Melancholie und Weltschmerz zu singen", sagt Misia. Ihr Wagemut hat sich ausgezahlt.

Auf "Garras dos sentidos", ein Konzertalbum mit ausschließlich klassischen Fados, folgen "Paixois Diagonais", eine gelungene Mischung aus alten und neuen Fados, und "Ritual", ein Album, das wiederum in der reinen Fadotradition verankert ist. Dennoch ist der Musikstil hörbar erneuert worden, ohne dass seine Identität dabei verloren gegangen wäre. Die Ausdruckskraft ihrer Stimme lässt Konzertbesucher vor Ergriffenheit nach Taschentüchern suchen. Misia hat den Fado populär gemacht und gilt weltweit als eine der bedeutendsten Fado-Sängerinnen der Gegenwart. Auch wenn in den letzten Jahren immer mehr Nachahmerinnen auftauchen - sie bleibt unerreicht.

Nächster Schritt

"Canto", ihr aktuelles Album, beschreitet nun ganz neue Wege. Es ist eine Hommage an den größten Komponisten für portugiesische Gitarre, Carlos Paredes. Seine Musik begleitet und prägte Misia, seit sie sich erinnern kann. Sie beauftragte Vasco Graca Moura, einen der renommiertesten Dichter Portugals, mit der Erstellung exklusiver Liedtexte zu einigen der wichtigsten Musikstücke Peredes'. Begleitet von einem Kammerorchester interpretiert Misia die gefühlvolle Musik. "Auf meiner neuen CD 'Canto' gibt es, streng genommen, keinen richtigen Fado. Ich ließ Paredes' Musik umarrangieren. Für die einen entstand daraus Klassik, für die anderen Pop. Doch egal, was ich singe: Meine Stimme wird den Geist des Fado nie verleugnen", erklärt die Sängerin.

Tourdaten: 26.01. Stuttgart, 27.01. Düsseldorf, 28.01. Bonn, 30.01. Darmstadt, 31.01. Hamburg, 02.02. Groningen, 03.02. Utrecht, 05.02. München, 08.02. Zagreb