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Überlebenskampf in Belarus

30. Juli 2011

In den vergangenen Wochen wurden in Belarus Dutzende Journalisten während ihrer Arbeit festgenommen. Gegen oppositionelle Medien laufen Gerichtsverfahren. Einigen unabhängigen Zeitungen gelingt dennoch ein Überleben.

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Belarussische Journalisten unterschreiben eine Petition an die Staatsanwaltschaft (Foto: DW)
Journalisten unterschreiben eine Petition an die Staatsanwaltschaft in MinskBild: DW

Die unabhängige belarussische Zeitung "Narodnaja Wolja" ("Volkswille") ist in der Vergangenheit mehrfach ins Visier der Behörden geraten. 2008 wurde sogar untersagt, sie in Belarus herauszugeben. Daraufhin wurde "Narodnaja Wolja" im russischen Smolensk und in der litauischen Hauptstadt Vilnius gedruckt. Ganz verboten wurde die Zeitung aber nicht.

Die belarussische Zeitung "Narodnaja Wolja" ("Volkswille") (Foto: DW)
Die belarussische Zeitung "Narodnaja Wolja" ("Volkswille")Bild: Olja Melnik/DW

Denn das Regime brauchte zu dieser Zeit Auslandskredite und war daher zu Zugeständnissen gegenüber dem Westen bereit. Diese Zugeständnisse umfassten zum einen, politische Gefangene frei zu lassen, und zum anderen, den Druck auf die unabhängige Presse im eigenen Land zu mindern. Davon profitierte nicht nur "Narodnaja Wolja" sondern auch die Zeitung "Nascha Niwa" ("Unser Feld"). Anfang 2010 konnten beide unabhängige Zeitungen wieder in Staatsbetrieben gedruckt und über den staatlichen Pressevertrieb verkauft werden.

Mitte Juli 2011 versuchte das belarussische Informationsministerium erneut, die beiden Zeitungen zu schließen, indem es mehrere Verwarnungen gegen sie aussprach. Das Ministerium warf den Zeitungen vor, ungeprüfte Informationen beispielsweise über den Anschlag auf die Minsker U-Bahn verbreitet zu haben. Allerdings wurden die Verwarnungen in letzter Minute zurückgezogen. Beobachter werten dies als Anzeichen dafür, dass Minsk wieder westliche Kredite braucht.

Zeitungen stützen sich auf treue Leser

Swetlana Kalinkina im Gespräch mit belarussischen Journalisten (Foto: DW)
Swetlana Kalinkina im Gespräch mit belarussischen JournalistenBild: DW

Swetlana Kalinkina, Chefredakteurin der Zeitung "Narodnaja Wolja", sagt, unabhängige Printmedien könnten heute in Belarus nur dank der Unterstützung ihrer treuen Leser überleben. Den Journalisten gehe es in erster Linie um ihre Überzeugungen - Ruhm oder Geld stünden für sie nicht im Vordergrund. Werbeeinnahmen habe "Narodnaja Wolja" ohnehin nicht. "Werbung ist in einer so kritischen Zeitung schlicht verboten", so die Chefredakteurin.

Im Unterschied zur Zeitung "Narodnaja Wolja" kann man andere unabhängige Zeitungen nicht über die staatlichen Vertriebssysteme beziehen. Das gilt beispielsweise für die Zeitung "Nowy Tschas" ("Neue Zeit"). Sie kann nur über die Redaktion selbst abonniert werden. Direkt verkauft wird sie nur in bestimmten Büros und bei einigen gesellschaftlichen Organisationen. "Es ist sehr schwierig, die Zeitung an den Leser zu bringen", bedauert Chefredakteur Aleksej Korol. Die Zeitung habe zwar einen Online-Auftritt, doch werde dadurch die gedruckte Ausgabe keineswegs überflüssig. "Der Leser der gedruckten Zeitung ist ein völlig anderer als der des Online-Angebots, und deshalb werden wir die Druckausgabe auch weiterhin brauchen", so Korol.

Journalisten appellieren an Behörden

Wegen der massenhaften Festnahmen belarussischer Regimegegner in den vergangenen Wochen haben sich rund 30 unabhängige Journalisten mit einem Appell an den Generalstaatsanwalt und den Innenminister des Landes gewandt. Darin fordern die Medienvertreter, jederzeit ihre berufliche Tätigkeit ausüben zu dürfen. "Es ist unsere Pflicht, Informationen zu sammeln und zu verbreiten, über alle Aspekte des Lebens“, sagt die Vorsitzende der belarussischen Journalistenvereinigung Schanna Litwina.

Autor: Arthur Smirnow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Klaus Dahmann