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Asien-Geschäfte

29. April 2011

Deutsche Unternehmen sind technologisch weit vorn und bieten genau die Produkte an, die auf den Wachstumsmärkten nachgefragt werden. Experten warnen jedoch, dass das Exportmodell allein bald nicht mehr ausreicht.

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Euro Münze mit Bundesadler Elefant und Drache als Symbol für Indien und China (Grafik: DW)
Allianz zwischen dem deutschen Adler und dem chinesischen Drachen sowie dem indischen ElefantenBild: DW-Montage

Der Umsatz der im deutschen Aktienindex DAX gelisteten Unternehmen ist im vergangenen Jahr um zwölf Prozent gestiegen im Vergleich zu 2009. Das hat die Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Ernst & Young aufgrund der jüngsten Geschäftsberichte der 30 DAX-Unternehmen festgestellt. Dabei sind sie im Ausland doppelt so schnell gewachsen wie im Inland. 75 Prozent ihrer Produkte verkaufen sie jenseits der Landesgrenzen. 2006 lag dieser Anteil noch bei 66 Prozent.

Auf der Exportschiene ist die deutsche Industrie in den letzten Jahren also erfolgreich gefahren. Dabei werden Produkte zuerst für den heimischen Markt entwickelt. Dann werden die Emerging Markets wie China oder Indien damit bedient. Traumhafte Wachstumszahlen werden generiert. Doch könnte dieses Erfolgsmodell bald an seine Grenzen stoßen, meint Michael Füllemann von der Unternehmensberatung Bain & Company: "Wenn man genau hinschaut, sind sie erfolgreich in einer Premiumnische oder einem Premiumsegment."

Woher kommt künftig die Dynamik?

7er BMW (Foto: AP)
Der 7er BMW verkauft sich nirgendwo so gut wie in ChinaBild: AP

Als Beispiel nennt er den 7er BMW. Nirgendwo verkaufe sich das Luxusmodell besser als in China. Doch müsse man darauf achten, wo sich die Dynamik des Marktes in den nächsten Jahren entfaltet, sagt Füllemann: "Und die wird dort stattfinden, wo Leute an Kaufkraft gewinnen und erste Investitionen machen, den ersten Fernseher, das erste Handy, das erste Auto, die erste Waschmaschine." Bei Unternehmen sei es vielleicht der erste LKW oder der erste Autobus. "Und dieses 'Erste' ist eben nicht das klassische Premiumprodukt. Das sind häufig Produkte, die günstig sind, aber den Basiszweck sehr gut erfüllen", sagt Füllemann gegenüber DW-WORLD.DE.

Das Logo des Nutzfahrzeuge-Herstellers MAN (Foto: AP)
MAN wagt den Schritt ins Reich der MitteBild: AP

Um für diese Preislage zu produzieren, braucht man eine lokale Lieferkette und Vorprodukte. Das bedeutet, dass deutsche Unternehmen vor allem in Asien nach günstigen Übernahmemöglichkeiten Ausschau halten oder Partnerschaft mit lokalen Firmen eingehen sollten. So sicherte sich der deutsche Nutzfahrzeughersteller MAN für rund eine halbe Milliarde Euro ein Viertel der Anteile von Sinotruk, dem größten LKW-Hersteller in China - ein sehr nachvollziehbarer Schritt, findet Unternehmensberater Michael Füllemann. Schließlich verkaufe MAN nur rund 400 hochpreisige Laster pro Jahr nach China, während Sinotruk 230.000 Fahrzeuge produziere: "Man kann zwar von Null auf 400 wachsen, in Prozent ausgedrückt sind das sehr attraktive Wachstumsraten." Wenn man aber 400 Laster mit 230.000, die der Partner absetzt, und einem Marktvolumen von einer Million vergleiche, dann sei das sehr wenig, so Füllemann.

Scheu vor Übernahmen in Asien

Zwar gibt es durchaus Beispiele gelungener Übernahmen von eher kleineren chinesischen Firmen durch deutsche Unternehmen. Doch insgesamt ist das Volumen der Akquisitionen in Asien überschaubar. So wurden 2010 für Firmenübernahmen in Asien 1,5 Milliarden Euro ausgegeben, das sind gerade mal sechs Prozent der Akquisitionen, die die deutschen Unternehmen weltweit getätigt haben. "Das ist die Zahl, die uns immer wieder Sorge macht, weil doch mehr als die Hälfte des Wachstums auf der Welt in Asien stattfindet", so der Experte der Unternehmensberatung Bain & Company.

Thomas Kautzsch von der Unternehmensberatung Oliver Wyman (Foto: Oliver Wyman)
Thomas Kautzsch von der Unternehmensberatung Oliver WymanBild: Oliver Wyman

Als einen Grund nennt er die Unübersichtlichkeit vor allem des chinesischen Marktes. Es sei schwierig, im Dickicht der vielen kleinen Firmen auszumachen, wer einen nach vorn bringt. Hinzu kommen fragliche rechtliche Rahmenbedingungen, meint Thomas Kautzsch von der Unternehmensberatung Oliver Wyman: "Es sind teilweise ganz banale Fragen. Sie haben beispielsweise nicht die gleichen Informationsstandards bei einer Akquisition." So wisse man in China teilweise gar nicht, wie viele Mitarbeiter tatsächlich im Unternehmen arbeiten. Eigentumsverhältnisse seien manchmal nicht geklärt. "Viele Fragen, die eine Transaktion schwieriger machen", sagt Thomas Kautzsch im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

In Asien heimisch werden

Trotz aller Widrigkeiten muss die deutsche Wirtschaft in Asien mehr Präsenz zeigen und die asiatischen Wachstumsmärkte als Heimmarkt definieren, finden die Experten. Mit anderen Worten: Die deutschen Unternehmen müssen versuchen, in Asien heimisch zu werden, sagt Kautzsch: "Beziehungen aufbauen zu den Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Teil der Community werden, um in zehn oder zwanzig Jahren als heimisches Unternehmen wahrgenommen zu werden." Das bedürfe eines gewissen Vorlaufs, den man als deutsches Unternehmen einkalkulieren muss. "Von daher glauben wir, dass es in vielen Fällen wirklich an der Zeit ist, in diesen Märkten stärker aktiv zu werden."

Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Henrik Böhme