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Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Rachel Baig14. Januar 2013

Mit einem neuen Gesetz will die Regierungs-Koalition verhindern, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigen heimlich per Video überwachen. Experten kritisieren den Entwurf: Überwachung bleibe weiter möglich.

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Eine Videokamera zeichnet in einer gestellten Szene die Arbeit in einem Büro auf. (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Eine verdeckte Bespitzelung von Beschäftigten darf es in Deutschland nicht mehr geben", sagt Michael Frieser, der zuständige Experte der Christlich-Sozialen Union (CSU). Die Koalition verspricht mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Sie will bisher bestehende Grauzonen verbindlich regeln. Der Bundestag soll den Gesetzentwurf schon Ende Januar verabschieden.

Bespitzelungsskandale wie beim Lebensmitteldiscounter Lidl oder bei der Telekom sollen der Vergangenheit angehören. Die Firmen hatten Beschäftigte ohne deren Wissen gefilmt und abgehört. Vor allem in privaten Räumen soll künftig jede Art von Videoüberwachung verboten werden. Also in Umkleiden, Schlafräumen oder im Sanitärbereich. Aber auch eine offene Videoüberwachung wird an strikte Vorgaben gebunden. Sie darf nicht zur allgemeinen Verhaltens- oder Leistungskontrolle eingesetzt werden, so Gisela Piltz von der Freien Demokratischen Partei (FDP). "Aber zum Beispiel Pausenräume, die auch als Besprechungsräume genutzt werden, können trotzdem per Video überwacht werden", kritisiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerold Reichenbach von der Opposition.

Ein Schild an einem Aldi-Supermarkt weist auf die Videoüberwachung in dem Geschäft hin. (Foto: picture alliance/dpa)
Klar erkennbare Überwachung soll erlaubt seinBild: picture-alliance/dpa

Datenschützer: Datenschutz wird abgebaut

Außerdem bleibt es erlaubt, Kameras verdeckt anzubringen. Gerold Reichenbach ist schockiert: "Wenn Sie dem Arbeitnehmer vorher angekündigt haben, dass er überwacht werden kann, dann können Sie auch verdeckt eine Kamera anbringen. Man kann nur nicht mehr heimlich filmen."

Das Gesetz war von Anfang an umstritten, und auch jetzt hagelt es Kritik. "Nach meiner Einschätzung gewährleistet dieser Entwurf nicht mehr Arbeitsschutz im Arbeitsverhältnis, sondern der Datenschutz wird zugunsten der Arbeitgeber abgebaut", moniert Thilo Weichert, Landesbeauftragter für Datenschutz in Schleswig-Holstein. Auch die Gewerkschaften in Deutschland halten den vorgesehenen Schutz der Beschäftigten nicht für ausreichend. Sie befürchten, es werde eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt. Denn der Gesetzentwurf regelt auch, dass Arbeitgeber sich über Bewerber in sozialen Netzwerken und beispielsweise bei der Kreditauskunft Schufa informieren dürfen. "Wir sagen: Alles, was offen für Dritte auf der Welt zur Verfügung steht, das kann natürlich auch in ein Bewerbungsgespräch Eingang finden", sagt Michael Frieser.

Thilo Weichert ist Landesbeauftragter für Datenschutz von Schleswig-Holstein. (Foto: ULD/Markus Hansen)
Datenschützer Thilo Weichert kritisiert den GesetzentwurfBild: ULD/Markus Hansen

Daten nur anonymisiert nutzen

Die neuen Vorschriften sehen vor, dass Daten nur dann erhoben und genutzt werden dürfen, wenn es erforderlich ist. Was jedoch "erforderlich" ist, wird nicht definiert. Dies gilt auch für Bewerbungsgespräche. Darüber hinaus gilt: Persönliche Daten, wie etwa Kontonummern, dürfen nur abgeglichen werden, um Straftaten oder schwerwiegende Pflichtverletzungen aufzudecken, und sie dürfen nur anonymisiert weitergegeben werden.

FDP-Expertin Piltz betont im Interview mit der Deutschen Welle, dass das neue Gesetz den Unternehmen klare Regeln vorgäbe, um Korruption zu bekämpfen. Dennoch beschweren sich Arbeitgeber, weil sie ihrer Meinung nach kriminelle Taten nicht mehr so effizient verfolgen können wie früher. Sie bevorzugen weiterhin heimliche Aufnahmen in begründeten Verdachtsfällen.

Eine Seite des Online-Netzwerks Facebook. (Foto: picture alliance/dpa)
Unternehmen dürfen sich in sozialen Netzwerken über ihre Bewerber informierenBild: picture alliance / dpa

Den umstrittenen Gesetzentwurf hatte das Bundeskabinett bereits im Sommer 2010 beschlossen. Nach der ersten Lesung im Februar 2011 lag er fast zwei Jahre lang im Bundestag, ohne dass eine Einigung gefunden wurde.