100 Tage Große Koalition

Der Beginn von Angela Merkels dritter Amtszeit wird überschattet von der Krise um die Ukraine und die Krim. Die Kanzlerin ist gefragt: Merkel jettet von Sondergipfel zu Sondergipfel, trifft sich mit Staatsführern aus aller Welt, telefoniert mit Russlands Präsident Putin. Zu Hause bleibt Merkel ihrem präsidialen Führungsstil treu, thront über der nationalen Politik.

Eigentlich ist Sigmar Gabriel für das neue Ressort Wirtschaft und Energie zuständig. Deswegen verlieh die Presse dem SPD-Chef den Titel "Superminister". Als Außenpolitiker war Gabriel bisher nicht wirklich aufgefallen. Die Krise in der Ukraine hat das verändert. Gabriel besichtigte in Kiew den Maidan, traf Oppositionelle, sprach in Moskau mit Russlands Präsident Putin.

Frank-Walter Steinmeier ist dagegen ein Routinier in der Außenpolitik. Bereits in der ersten Großen Koalition war er Außenminister. Ein großer Vorteil: Denn eine Schonfrist gab es für den neuen alten Außenminister angesichts der Lage in der Ukraine nicht. Das Bild zeigt ihn in Kiew mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Steinmeier rückte in Umfragen zum beliebtesten Kabinettsmitglied auf.

Wolfgang Schäuble lässt sich feiern. Der CDU-Finanzminister reduzierte die Neuverschuldung schneller als geplant. 2015 will der Bund erstmals seit 1969 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Experten warnen allerdings, dass die deutschen Staatsfinanzen noch nicht ausreichend für die Zukunft gerüstet seien.

Thomas de Maizière (CDU) gilt als zuverlässige Stütze der Kanzlerin und als vielseitig einsetzbar. De Maizière leitet das Innenministerium. Er war schon von 2009 bis 2011 Chef des Ressorts. Seine Amtszeit begann mit einigen unbequemen Themen. Den Streit um die doppelte Staatsbürgerschaft haben die Koalitionäre inzwischen beigelegt.

Ursula von der Leyen zögerte nicht lange. Kaum war sie vom Arbeits- in das Verteidigungsministerium gewechselt, reiste von der Leyen zur Truppe nach Afghanistan. Die Ministerin begann ihre Amtszeit mit einer Offensive für eine familienfreundliche Bundeswehr.

Andrea Nahles, Ministerin für Arbeit und Soziales. Die Tochter eines Maurers ging gleich zwei ehrgeizige Projekte zielstrebig an: ein umfängliches Rentenpaket und einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Doch es gibt auch viel Kritik: Die Wirtschaft warnt vor der Rente mit 63 und befürchtet eine Welle von Frühverrentungen.

Heiko Maas, neuer Justiz- und Verbraucherschutzminister, war eine der Überraschungen im neuen Kabinett. Der Saarländer ist ein Neuling in der Bundespolitik. 2004 und 2009 trat er bei den saarländischen Landtagswahlen als Spitzenkandidat für die SPD an, konnte sich jedoch nicht gegen die CDU-Kandidaten durchsetzen. Maas gehört seit 2001 zum SPD-Bundesvorstand.

Manuela Schwesig, Liebling der Medien, jüngstes Mitglied im Kabinett. Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zentrales Projekt: Das "Elterngeld Plus". Eltern sollen künftig bis zu 28 Monate lang vom Staat finanziell unterstützt werden, wenn sie neben der Kindererziehung in Teilzeit arbeiten.

Barbara Hendricks war Bundesschatzmeisterin der SPD. Dort arbeitete sie im Hintergrund. Auch als Umweltministerin blieb Hendricks bisher eher unauffällig. Den Bereich Energie musste sie an "Superminister" Gabriel abgeben. Sie kämpft für mehr Klimaschutz in der EU und muss ein Endlager für den Atommüll finden - außerdem will sie den Naturschutz in Deutschland mehr in den Fokus rücken.

Von Merkels Wahlkampfmanager zum Gesundheitsminister - Hermann Gröhe war bisher Generalsekretär der CDU. Für den erfolgreichen Wahlkampf wurde er mit einem Kabinettsposten belohnt. Als ausgewiesener Gesundheitsexperte ist der Rheinländer bislang nicht in Erscheinung getreten.

Peter Altmaier: Kanzleramtsminister und einer der engsten Mitarbeiter der Regierungschefin. Der bisherige Umweltminister ist ein loyaler Vertrauter Merkels. Als Kanzleramtschef ist er auch für die Koordination der deutschen Geheimdienste verantwortlich. Seit seinem Wechsel ist er aber weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Sein Ressort für Verkehr und digitale Infrastruktur nennt der frühere CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt lieber plakativ "Ministerium für Mobilität und Modernität". Zu seinem wohl heikelsten Vorhaben hält sich Dobrindt vorerst bedeckt – einer Pkw-Maut, die keinen Einheimischen etwas kosten darf.

Johanna Wanka (CDU) war schon in der alten Regierung Bundesministerin für Bildung und Forschung. Ihr sind derzeit die Hände gebunden, weil die Grundsatzentscheidung der Chefs der drei Koalitionsparteien über die Bildungsfinanzen weiter aussteht. Vor ihrer politischen Karriere war die Mathematikerin Rektorin der Hochschule Merseburg.

Wenn seine Kabinettskollegen 100 Tage voll haben, ist es für Agrarminister Christian Schmidt (CSU) gerade einmal der 35. Tag seit seiner Vereidigung. In die Ministerriege rückte Schmidt erst Mitte Februar auf - als Nachfolger Hans-Peter Friedrichs, der wegen einer früheren Weitergabe geheimer Informationen über den SPD-Politiker Sebastian Edathy gehen musste.

Gerd Müller, neuer Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Bisher war er Staatssekretär im Agrarministerium und insofern auch schon mit entwicklungspolitischen Fragen befasst. Für die Öffentlichkeit ist er jedoch ein neues Gesicht auf der Berliner Politikbühne. Für viele ist er noch immer ein Unbekannter.