1983: Interview mit Blandine Ebinger | Schauspieler im Gespräch | DW | 23.01.2012
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Schauspieler im Gespräch

1983: Interview mit Blandine Ebinger

"Nachher stellte sich heraus, dass Brecht kein guter Regisseur war" - Blandine Ebinger über ihre Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht

Blandine Ebinger (um 1945/50)

Blandine Ebinger (um 1945/50)

Mit acht Jahren stand sie zum ersten Mal auf einer Theaterbühne, mit achtzehn drehte sie ihren ersten Film – es war noch ein Stummfilm – ihre letzte Filmrolle datiert man auf das Jahr 1984, also im Alter von 85 Jahren. Blandine Ebinger legte eine beispiellose Karriere als Schauspielerin, Chansonsängerin und Diseuse hin und wurde im Laufe der Jahre zu einer Galionsfigur des deutschen Film- und Theaterlebens.

Das "Wunderkind"

Blandine Ebinger (um 1920)

Blandine Ebinger (um 1920)

Die Schauspielerei wurde Blandine Ebinger bereits bei ihrer Geburt am 04.11.1899 in Berlin in die Wiege gelegt, denn auch ihre Eltern waren Menschen der Bühne. Der Vater Pianist, die Mutter Schauspielerin, erkannten schon sehr früh das Talent ihrer Tochter und förderten es schon im Kindesalter. So ist es nicht zu sehr verwunderlich, dass sie im Alter von acht Jahren zum ersten Mal auf der Bühne stand. In ihren Memoiren erinnert sich Blandine Ebinger: "Endlich hatten wir ein Theater. Leipzig! Dort sollte 'Klein Eyolf' aufgeführt werden. Wir packten unsere Kostüme ein, fuhren mit dem Auto zum Bahnhof. Ich hatte meine Krücke ausprobiert, war schon in der Mommsenstraße bewundert worden und konnte hinken. Die Tragik kam mir erst auf der Bühne zu Bewusstsein. Auf der Bühne war ich plötzlich der unglückliche behinderte Junge." Doch es sollten vor allem die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts werden, die die Karriere von Blandine förderten. Sie trat auf verschiedenen Bühnen Berlins auf und machte sich schnell einen Namen nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Chanson-Interpretin und Diseuse. Mit ihren Liedern war sie bald fast genauso bekannt geworden, wie mit ihren Theaterrollen. Und es schrieben für sie solche Größen der damaligen Zeit wie Frank Wedekind, Walter Mehring, Alfred Henschkealias Klabund, Kurt Tucholsky, Erich Kästner oder auch Bertolt Brecht. Und bald debütierte sie auch beim Film: "Der Zehnte Pavillon der Zitadelle“ hieß der erste Stummfilm, in dem sie zum ersten mal vor der Kamera stand. Und es sollten unzählige weitere Filme folgen, in denen sie im Laufe ihrer Karriere mitwirkte.

In Hollywood

Die Jahre des Zweiten Weltkrieges verlebte Blandine Ebinger in den USA. Dort folgte sie 1937 ihrem Mann Friedrich Hollaender, der bereits 1933 ausgewandert war und zu zahlreichen Filmen von Warner Brothers und Metro-Goldwyn-Mayer die Musik schrieb. Jedoch eine Karriere in Hollywood blieb ihr bis auf einige wenige Rollen versagt. In ihren Memoiren erinnert sich Blandine Ebinger an diese Zeit unter anderem mit folgenden Worten: "Gelegentlich bekam ich auch eine Aufforderung, kleine Rollen zu spielen. So wirkte ich in einem Stück von Fritz Rotter, der 'Ich küsse Ihre Hand, Madame' geschrieben hatte. Darin sah mich der amerikniasche Regisseur Dreyfuss, der mir viel später, kurz vor meiner Rückkehr nach Deutschland, eine interessante Rolle in dem Film 'Prisonship' gab. Als Sybil Vane verdiente ich zwar, aber nicht genug, um davon zu leben." 1947 war es nun so weit: Blandine Ebinger kehrte nach Europa zurück und ging zunächst nach Genf und wenig später nach Zürich.

In Berlin und anderen Städten unterwegs

"Plötzlich kam ein Brief aus Berlin. Karl-Heinz Martin vom Hebbel-Theater forderte mich an. Berlin! Sofort ging ich zu Hirschfeld…" – schrieb Blandine Ebinger in ihren Memoiren. Denn in der Tat, es sollte eine neue Zeit auf den Berliner Theaterbrettern eingeläutet werden. "So war Mama" hieß das erste aus der Feder von John van Druten stammende Stück, in dem Blandine Ebinger im Berlin der Nachkriegszeit spielte. Und es sollten noch mehr Theaterrollen im Laufe der Zeit hinzukommen. So war sie unter anderem am Schloßparktheater, am Theater am Kurfürstendamm und am Renaissance-Theater zu sehen, hinzu kamen auch Auftritte in Hamburg, Zürich, London und München. Auch beim Film der Nachkriegszeit entwickelte die Schauspielerin eine rege Tätigkeit. Bereits 1948 spielte Blandine Ebinger in dem Film "Affäre Blum", der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Robert Adolf Stemmle über den Magdeburger Justizskandal von 1925/26. Dort spielte sie die Rolle der Braut Lucie Schmerschneider. Es folgten weitere Filmproduktionen mit Blandine Ebinger – sowohl Kino- wie auch Fernsehstreifen – die ihre Filmografie weiter anschwellen ließ. Insgesamt konnte Blandine Ebinger auf eine Bilanz von knapp acht Dutzend Filmrollen zurückblicken. Für ihre Verdienste um den deutschen Film wurde sie 1983 mit dem Filmband in Gold und dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet. Blandine Ebinger starb im Alter von 94 Jahren am 25.12.93 in Berlin.

Im August 1983 sprach Ursula Deutschendorf für die DW mit Blandine Ebinger über ihre Karriere.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Diana Redlich

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