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2018: Durchbruch für den E-Motor?

Klaus Ulrich
28. Dezember 2017

Der Dieselskandal hat die Diskussion um die Mobilität der Zukunft neu entfacht. Kann der Elektroantrieb wirklich bald den Verbrennungsmotor ablösen? Wird 2018 ein Schlüsseljahr für das E-Auto?

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Großbritannien E-Auto in London
Bild: picture-alliance/empics/Yui Mok

Mobilität der Zukunft - wohin geht die Reise?

Die Politik ist schon länger vorgeprescht: In Großbritannien wird ab 2040 der Verkauf von neuen Fahrzeugen mit Diesel- oder Benzinmotoren verboten. Auch Hybride mit einer Kombination aus Elektro-Antrieb und Verbrennungsmotor sind dann nicht mehr erwünscht. In Frankreich und Norwegen gibt es ähnliche Beschlüsse. In China, dem größten Automobilmarkt der Welt, soll es schon bald eine Quote für Elektroautos geben. In Deutschland gibt es zwar immer häufiger Forderungen einzelner Parteien oder Politiker, die in die gleiche Richtung gehen, aber (noch) keine Beschlüsse - dennoch: Es wird eng für die konventionellen Automotoren.

Dr.Claus Doll, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe
Dr. Claus Doll, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe Bild: ISI/F. Wamhof

"Ich sehe es auf längere Sicht unabdingbar, von verbrennungsbasierten Kraftstoffen wegzukommen, weil wir die damit verbundenen Umweltprobleme nicht wirklich in den Griff kriegen", sagt Claus Doll vom Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI). Die Karlsruher Forscher analysieren - auch im Auftrag der Bundesregierung - Mobilitätskonzepte der Zukunft.

Keine nennenswerte Schadstoffreduktion

Der Verkehr sei der einzige Sektor, der es in den letzten Jahren nicht geschafft habe, seine CO2-Emissionen nennenswert zu reduzieren, meint Doll. Das müsse man angehen. Der Mobilitäts-Experte betont allerdings, ohne sauberen Strom bringe auch ein Elektrofahrzeug von der Umweltbilanz her nicht viel. Die aufwendige Produktion der Batterie und den damit verbundenen Verbrauch von speziellen Rohstoffen umschreibt er im Gespräch mit der DW als "ganz schönen ökologischen Rucksack". "Wenn sie dann noch mit Kohlestrom laden, dann sind sie mit einem kleinen, sauberen Benzinfahrzeug ähnlich gut dran", so Doll.

Mit Ökostrom sähe es anders aus, doch den müsse man erstmal erzeugen. "Natürlich kann man sagen, man nimmt jetzt allen verfügbaren Ökostrom und pumpt ihn in den Verkehr", sagt der ISI-Forscher. Aber im Grunde müsse man die Gesamtbilanz sehen. "Das heißt, wieviel Strom insgesamt habe ich und wie verteile ich dessen ökologische Komponenten auf alle Wirtschaftsbereiche?"

Landschaftsschutz oder Enegiewende?

Dass Ökostrom teuer, der Bau der benötigten Fernleitungen und die riesigen Windkraftanlagen umstritten sind, weiß Doll auch. Daher müsse die Frage lauten: "Was möchte ich? Landschaftsschutz oder Energie- und Mobilitätswende vorantreiben?" Auch die seit langem diskutierte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene koste viel Geld, insofern sei der Punkt "um jeden Preis" natürlich ein wichtiger. "Da muss man immer abwägen, was es nutzt und was es kostet." Dabei sei auch der globalen Nutzen mit einzurechnen unter dem Gesichtspunkt: Wie viele CO2-Einheiten spare ich und wie lässt sich das ökonomisch bewerten. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte kommt der Fraunhofer-Experte zu dem Schluss: "Wir sehen einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor aus Klimaschutzgründen durchaus geboten."

"Der Verbrennungsmotor wird uns alle überleben"

Völlig anders sieht das Roland Baar von der Technischen Universität (TU) Berlin. "Der Verbrennungsmotor wird uns alle überleben", sagt der studierte Ingenieur und Professor. Seiner Meinung nach fehlt in der aktuellen Energie-Diskussion "der Blick auf das Ganze". Von der Gesamtmenge an Treibhausgasen, die der Mensch verursache, seien lediglich vier Prozent auf den Straßenverkehr zurückzuführen. Der überwiegende Anteil stamme aus anderen Bereichen, vor allem aus der Landwirtschaft, Stichwort: Methanemissionen. Neuste Dieselmotoren hätten nur noch "sehr geringe Stickstoffemissionen" und - wegen ihrer Partikelfilter - sogar weniger Rußemissionen als normale Ottomotoren, die Benzin verbrennen, betont der Experte im DW-Gespräch.

Prof. Roland Baar von der Technischen Universität Berlin
Prof. Roland Baar von der Technischen Universität BerlinBild: TU-Berlin

Insofern sei der Umstieg auf Elektromobilität keine Lösung, zumal die Energiewende noch lange auf sich warten lässt. "Wir haben zentrale Fragen der Energiewende nicht gelöst - und jetzt wollen wir uns von dem Verbrennungsmotor verabschieden, obwohl wir keine Alternative dazu haben", so Baar.

Kohlenwasserstoffe sind die Idealen Speichermedien

"Wenn wir den Transport auf den deutschen Straßen, den wir heute mit Benzin und Diesel lösen, mit Elektro-Antrieben schaffen wollten, brauchten wir ein Pumpspeicherkraftwerk, das so groß wäre wie das Saarland", ist sich der Experte sicher. Neben adäquaten Energiespeichermedien fehle für eine echte Energiewende außerdem "eine gigantische Menge an Windenergie".

Der Motoren-Fachmann veranschaulicht seine Lösungsvorschlag an einem Phänomen, an dem mache Menschen schwer zu tragen haben - am Hüftgold. "Der liebe Gott hat uns Kohlenwasserstoff als Speicher gegeben. Das merken wir alle an unseren Hüften, da wo wir Fett speichern. Das sind Kohlenwasserstoffe. Und die hat uns die Schöpfung gegeben als Möglichkeit, Energie zu speichern", so Baar. Das sei eine sehr gute Speicherung weil sie eine sehr hohe Energiedichte hat - genauso wie Erdölprodukte. Baars Fazit: Die Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen auf Kohlenwasserstoffbasis könnte die Energiefragen der Zukunft lösen. Das sei zwar teuer, aber es funktioniere. Damit könne man Energie sehr gut speichern und unseren Verkehr langfristig sichern.

Das Hauptproblem sei der verschwenderische Verbrauch vieler Ressourcen - und dieser Verbrauch werde nicht reduziert, indem man von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe umstellt. Das Gegenteil sei der Fall.

 

Dieser Beitrag wurde unter dem Titel "Hüftgold und Diesel-Debatte" erstmals am 28.07.2017 veröffentlicht. Die vorliegende Fassung wurde aktualisiert.