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25 Jahre Deichtorhallen

Annabelle Steffes2. April 2015

Helmut Newton, Andy Warhol, Jonathan Meese - mehr als 1900 weltbekannte Künstler prägen die Geschichte der Hamburger Deichtorhallen. In diesem Jahr feiert das Ausstellungshaus sein 25-jähriges Bestehen.

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Deutschland Hamburg 25 Jahre Deichtorhallen. Foto: Conny Hilker
Bild: Conny Hilker

9. November 1989: Die Hamburger Deichtorhallen feiern mit der Ausstellung "Einleuchten" von Harald Szeemann ihre Eröffnung. 350 Gäste sind geladen. Spät am Abend geht ein aufgeregtes Raunen durch die Menge: Die Mauer sei offen! Heute, mehr als 25 Jahre später, blickt Deichtorhallenleiter Dirk Luckow amüsiert auf die erstaunliche Verflechtung dieser Ereignisse zurück: "Es gibt einen für das Jubiläum produzierten Film des Berliner Künstlers Christian Jankowski, wo genau diese Koinzidenz persifliert wird", erklärt Luckow im DW-Interview. Für seinen Film sprach Jankowski mit Zeitzeugen und ließ sie jedes Mal, wenn es um den Mauerfall ging, "Deichtorhallen" sagen. Heute gehören die Deichtorhallen zu den größten Ausstellungshäusern für zeitgenössische Kunst und Fotografie in Europa.

Bereits im November 2014 starteten die Hallen ein kleines Jubiläumsprogramm. Da aber die Nordhalle zu diesem Zeitpunkt noch saniert wurde, ist das offizielle Jubiläum am 1. April 2015 eingeläutet worden - mit gleich zwei groß angelegten Ausstellungen: "Picasso in der Kunst der Gegenwart" und "The New Social - European Photo Exhibition Award 02". Die beiden Ausstellungen visualisieren das Programm der Deichtorhallen hervorragend. "Die Deichtorhallen haben Fotografie früh als eine Sprache über die Kunst hinweg begriffen, zu einer Zeit, als es für Fotografie noch gar keine richtigen Ausstellungsorte gab", erklärt Dirk Luckow. "Und Picasso ist ja nun mal ein Synonym für die moderne Kunst des 20. Jahrhunderts. Er hat andere Künstler herausgefordert und beeinflusst, wie kein anderer."

Deutschland Hamburg 25 Jahre Deichtorhallen. Copyright: Bertold Fabricius
Seit 2009 im Amt: Intendant Dirk LuckowBild: Bertold Fabricius

Gemälde und Skulpturen statt Blumen und Gemüse

Bis 1984 dienten die Deichtorhallen Hamburg erst als Gemüse- und später als Blumenmarkthallen. Marode und abbruchgefährdet, sicherte der Hamburger Industrielle Kurt A. Körber im Jahr 1985 dann ihren Erhalt und schenkte der Stadt die teure Restaurierung, die rund 25 Millionen D-Mark kostete. Architekt Josef Paul Kleihues wurde mit der Umgestaltung der Markthallen in ein Ausstellungszentrum beauftragt. Er behielt die äußere Erscheinung des 1911 bis 1914 erbauten Gebäudes mit seiner filigranen Stahl- und Glasarchitektur, ebenso bei wie die weitläufigen Innenräume, die auch heute noch die Atmosphäre einer Markthalle des frühen 20. Jahrhunderts verströmen.

Demi Moore 50. Gerburtstag. Naranjo +++(c) dpa - Report+++
Annie Leibovitz' Demi-Moore-Porträt ist eine SensationBild: picture-alliance/dpa

Als erster Direktor übernahm John-Erik Berganus, Hamburger Kaufmann und Kunstmäzen, die Leitung des Ausstellungshauses. Er hatte gute Kontakte in die Pariser Kunstszene und stellte eine aufwendige und vielseitige "Concept Art"-Schau sowie die erste Auswärtsausstellung der Sammlung des Centre Pompidous auf die Beine. Zdenek Felix, ab 1991 im Amt, förderte populäre und avantgardistische Kunst. Ausstellungen mit Werken von Louise Bourgeois, Roy Lichtenstein oder Annie Leibovitz verhalfen den Deichtorhallen zu internationaler Anerkennung. Mit dem Porträt der nackt und hochschwanger posierenden Demi Moore sorgte die Fotografin Annie Leibovitz für einen großen Publikumsansturm.

Die Fotografie im Fokus

Zdenek Felix legte von Anfang an besonderen Wert auf Fotoausstellungen und stellte damit die Weichen für eine der programmatischen Ausrichtungen des Ausstellungszentrums. 2005 erhielt die Kamerakunst mit der Südhalle eine eigene Ausstellungsfläche. Im Haus der Photographie finden seitdem große Fotoschauen statt. Im Jahr 2004 übernahm Robert Fleck die Leitung der Deichtorhallen. Große Aufmerksamkeit brachte dem Haus die von Fleck kuratierte Jonathan-Meese-Werkübersicht ein. Darin stellte der deutsche Künstler, der für Provokationen bekannt ist, seine Mutter ins Zentrum seiner Kunst. Unter dem Titel "mama johnny" erschuf er ein raumeinehmendes Kunstwerk aus zwei großen, freistehenden und begehbaren Skulpturen, einer Burg sowie einer mit Kreuzen verzierten Black Box.

Deutschland Hamburg 25 Jahre Deichtorhallen. Foto: Jan Bauer
Blick in die Meese-Austellung "mama johnny"Bild: Jan Bauer

Der Raum als Bühne

Dirk Luckow wurde im Jahr 2008 Flecks Nachfolger und holte die "Julia Stoschek Collection" nach Hamburg, eine Privatsammlung, die vor allem Videoarbeiten, Installationen und Fotografien enthält und nun erstmals außerhalb des Düsseldorfer Sammlungsgebäudes präsentiert wurde. Ein weiterer Publikumsmagnet war die spektakuläre Installation "Horizon Field Hamburg" von Antony Gormley. In siebeneinhalb Metern Höhe spannte der Londoner Künstler eine schwarze, verspiegelte Fläche, auf der die Besucher laufen und herumtollen konnten. "Der Ursprungsgedanke dieser Halle ist ja, dass man Kunst nicht als etwas denkt, dass als Bild an der Wand hängt", erklärt Luckow, "sondern die Kunst als Raum versteht, in dem der Betrachter steht und den er mitbespielt."

Deutschland Hamburg 25 Jahre Deichtorhallen. Copyright: Kirill Golovchenko
Publikumsmagnet: Anthony Gormleys raumgreifende SkulpturBild: Henning Rogge

Mit der Sanierung der großen Nordhalle erfüllt das Ausstellungszentrum zudem nun auch die Standards, die heute von den großen Museen der Welt für deren Leihgaben gefordert werden. Der strenge "MOMA-Standard" - absolut konstante Werte, insbesondere bei der Luftfeuchtigkeit, Temperatur und dem UV-Schutz - könne jetzt in der gesamten Halle garantiert werden, so Luckow. "Im Grunde ist jetzt jede Ausstellung denkbar. Die Sanierung ist sozusagen unser Aufstieg in die Weltliga." Ganz in diesem Sinne geht Luckow die künftigen Projekte der Deichtorhallen an: Eine große Günther-Förg-Schau wird die Picasso-Ausstellung ablösen, im Sommer richten die Hallen die 6. Triennale der Fotografie mit aus und im Herbst ist ein politisches Projekt geplant. Es wäre das erste überhaupt in der Geschichte der Deichtorhallen.