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25 Jahre Schengen - Eine Erfolgsgeschichte

10. Juni 2010

25 Jahre nach der Unterzeichung des Schengener Abkommens kann Deutschland eine positive Bilanz ziehen. Mehr Reisefreiheit ist nicht mit weniger Sicherheit erkauft worden.

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Verwaiste Grenzanlage zwischen Deutschland und Tschechien (Foto: DPA)
Grenzkontrollen gehörten fortan der Vergangenheit anBild: picture-alliance/ dpa

Die Abschaffung der innereuropäischen Grenzposten zur Kontrolle des Personenverkehrs war ein langwieriger Prozess. Anfänglich waren es nur die Benelux-Staaten, Deutschland und Frankreich, die das als "Schengen 1" bekannte Übereinkommen, eine Absichtserklärung, am 14. Juni 1985 unterzeichneten. Fünf Jahre später folgte eine Vereinbarung über die "Durchführung" dieses Übereinkommens, auch als "Schengen 2" bekannt. Die wiederum wurde nochmal fünf Jahre später, am 26. März 1995, in Kraft gesetzt, eine Verzögerung, die auch an der deutschen Wiedervereinigung lag.

Europa-Karte mit Schengener Abkommen (Foto: AP)
In Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn fielen am 21.12.2007 die Grenzkontrollen wegBild: AP GraphicsBank

21. Dezember 2007 schließlich folgten weitere neun Länder, darunter auch Deutschlands östliche Nachbarn und neuen EU-Mitglieder Polen und Tschechien. Speziell diese Phase der Erweiterung des Schengen-Abkommens sorgte für viele Befürchtungen. Aus Sicht vieler, meist regional gefärbter Medienberichte jener Zeit bedeutete der Wegfall der Kontrollen an den östlichen Grenzen für Deutschland in punkto innere Sicherheit eine Katastrophe. Das vielzitierte Wohlstandsgefälle musste herhalten, um zu demonstrieren, dass ein horrender Anstieg der Kriminalität eine unausbleibliche Folge sein müsse.

Kein Zusammenbruch der Sicherheitsarchitektur

Nichts dergleichen ist jedoch eingetreten. Ein Pressesprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin, Markus Beyer, führt das unter anderem darauf zurück, dass die Polizei ja weiterhin aktiv ist, wenn sich auch ihre Taktik geändert haben mag. "Der Wegfall der stationären Grenzkontrollen heißt nicht, dass sich die Polizei generell zurückzieht", sagte Beyer. "Wir sind ein Land mitten in Europa und damit auch Reiseland für Kriminelle, und diese werden durch Hinterlandskontrollen und gezielte Fahndungen von der Bundespolizei verfolgt."

Grenzschützer an der deutsch-polnischen Grenze (Foto: DW)
Die Angst vor mehr Kriminalität erwies sich als unbegründetBild: DW

Erstaunliches fördert die Kriminalitätsstatistik für das ostdeutsche Bundesland Brandenburg mit seiner langen Grenze zu Polen zu Tage. 2008 - im Jahr nach Polens Beitritt zur Schengenzone - sank die Kriminalitätsrate sogar um rund zwölf 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Beyer spricht von effektiver grenzüberschreitender polizeilicher Zusammenarbeit im gesamten Schengen-Raum. Mit dem elektronischen Sicherheitssystem SIS hat man ein Instrument zur Verfügung, mit dem der sekundenschnelle Abgleich von Daten über Verdächtige und Kriminelle zum Kinderspiel wird.

Dank "Schengen" ist es deutschen Polizisten in vielen Fällen auch möglich, Verdächtige im jeweiligen Nachbarland weiter zu verfolgen. Mit Polen etwa gibt es zu dieser - im Beamtendeutsch "Nacheile" genannten - grenzüberschreitenden Polizeibefugnis ein sehr weitreichendes Abkommen. Frankreich jedoch verweigert bis dato eine solche Möglichkeit.

Grenzhopping: Bequemer und entspannter

Für Millionen Deutsche hat die Schengenzone vor allem mehr Freizügigkeit gebracht - unkompliziertes Reisen mit staufreien Grenzübertritten, Schnäppchenjagden auf der anderen Seite oder einfach einen stressfreieren Urlaub im Ausland, das oft schon nicht mal mehr als Ausland wahrgenommen wird. Ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Aspekten der Gewährleistung freier Warenströme und bald auch des unbegrenzten Zugangs zu den Arbeitsmärkten.

Siegfried Behrendt ist Wirtschaftsmanager in einem Investorpark in Frankfurt/Oder an der polnischen Grenze. Er bezeichnet Deutschland als Gewinner des Schengen-Prozesses und weist auf die Exportlastigkeit seines Landes hin. "Mit der Zunahme der Kaufkraft in Osteuropa entsteht zunehmend auch ein neuer, stärkerer Markt für uns", sagte Behrendt. "Dazu kommt die Frage der Fachkräftesicherung hier. Mit der vollen Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt ab 2011 haben auch die deutschen Unternehmen wieder Chancen, gute Fachkräfte zu bekommen, die jetzt in Osteuropa ausgebildet werden."

Schließlich hat "Schengen" eine Stärkung der Justiz-Zusammenarbeit der Mitgliedsländer bewirkt, von der auch Deutschland profitiert. So sind zum Beispiel eine schnellere Auslieferung von strafrechtlich verfolgten Personen und eine raschere Vollstreckung von Strafurteilen möglich geworden. Ebenfalls erleichtert das Schengener Abkommen Deutschlands Umgang mit illegal ins Land eingereisten Personen. Aufgrund von sogenannten Rückführungsvereinbarungen können solche Personen ohne weiteres in Schengen-Länder abgeschoben werden, über deren Außengrenze die Einreise ursprünglich erfolgte.

Autor: Hardy Graupner/Arne Lichtenberg
Redaktion: Kay-Alexander Scholz