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EU-Parlamentarier Klaus Hänsch im Interview

Das Interview führte Sabine Faber3. März 2009

Mit rund 500 Millionen Dollar will die EU den Wiederaufbau des Gazastreifens unterstützen. Im Interview dazu ist Klaus Hänsch, Mitglied im Ausschuss des Europäischen Parlamentes

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Klaus Hänsch
Klaus HänschBild: Europäisches Parlament

DW-WORLD.DE: Sind die EU-Zusagen eine gute Entscheidung?

Klaus Hänsch: Ich glaube, dass das eine richtige Entscheidung ist. Es ist ja auch nicht der Löwenanteil dessen, was die Geberkonferenz an Hilfen beschlossen hat. Wichtig ist, dass es sich bei diesen 500 Millionen Dollar um humanitäre Hilfe handelt: also um die Beseitigung von Blindgängern und Trümmern und um die Betreuung traumatisierter Kinder, um Wiederaufbau der Wasserversorgung und der Elektrizität.

Aber der Gaza-Streifen wird von der radikal-islamischen Hamas kontrolliert, die an der Konferenz in Scharm el Scheich nicht teilnehmen durfte. Wie soll denn das Geld bei den Menschen dort ankommen?

Ich denke, dass es möglich ist, das über die Vereinten Nationen und die Organisation Unrwa (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) zu machen. So ist es ja auch in der Vergangenheit schon gelaufen. Es ist richtig, dafür zu sorgen, dass das Geld nicht in die Hände der Hamas kommt und dann für Waffen ausgegeben wird.

Wie stehen Sie denn dazu, die Hamas bei Gesprächen grundsätzlich zum Nahost-Friedensprozess einzubeziehen? Ihr Kollege Martin Schulz von den Sozialdemokraten ist beispielsweise dafür.

Ich sehe das nicht so einfach, weil die Einbeziehung unter gegenwärtigen Verhältnissen bedeuten würde, dass man Mahmud Abbas abwertet und nur deutlich macht, dass der, der schießt, eines Tages auch am Verhandlungstisch sitzt und sich hineinschießen kann. Ich glaube, dass es richtig ist, dass beide Seite der Palästinenser – also Westjordanland und Gaza – sich zunächst einmal einigen müssen, die Fatah und die Hamas. Und wenn es dabei zu der Einigung kommt, dass auch die Hamas mit am Tisch sitzen soll, aber in einer Palästinenserdelegation, dann ist dagegen nichts einzuwenden.

Jetzt spielen Sie den Ball zu den Palästinensern. Und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagt aber, was die palästinensische Regierung im Gaza-Streifen in den letzten 15 Jahren mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft aufgebaut hat, das hat Israel nun zerstört. Das ist ja eine klare Anklage an Israel und auch die Aufforderung, in diesem Zusammenhang mehr auf Israel einzuwirken.

Es ist richtig, dass wir auf Israel einwirken müssen. Es ist auch richtig, dass Israel bereit sein muss, den Friedensprozess wieder aufzunehmen. Das steht ja im Augenblick, im Zuge der Regierungsbildung und der neuen Mehrheiten in Israel, in Frage. Da ist internationaler Druck schon angemessen. Und der internationale Druck muss sich vor allem darauf richten, dass die Israelis aufhören mit der Siedlungspolitik im Westjordanland. Das muss eingestellt werden, um die Fatah-Regierung im Westjordanland gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung in ihren Friedensbemühungen zu unterstützen.

EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner hat betont, wie wichtig ein Zugang von Israel zum Gaza-Streifen ist, um auch die Hilfe in den Gaza-Streifen zu bringen. Hätten da nicht klarere Bedingungen - auch für die Auszahlung des Geldes - formuliert werden müssen?

Ich weiß nicht, wie man das eine mit dem anderen verbinden kann. Es ist doch eine ganz klare, notwendig technische Forderung, dass die Hilfen, die wir bieten wollen – übrigens nicht nur die EU, sondern auch arabische Staaten - auch tatsächlich in den Gaza-Streifen hineinkommen. Und das ist gegenwärtig bei dieser Teilöffnung bei weitem nicht der Fall. Die Öffnung der Grenze ist eine Voraussetzung dafür, dass überhaupt auch humanitär geholfen werden kann.

Müsste man da nicht stärker auf Israel einwirken, dass das auch passiert?

Das ist ja ein Gegenstand der gegenwärtigen Bemühungen. Das gehört mit zu dem Friedensprozess, der zwischen Palästinensern und Israel wieder neu aufgenommen werden muss. Es ist völlig klar: Humanitäre Hilfe muss durchgehen. Die Grenzen müssen für zivile Güter und für humanitäre Hilfe geöffnet werden und das Waffenhandeln und Hineinschmuggeln in den Gaza-Streifen muss aufhören. Auch das ist notwendig, dass sich die internationale Gemeinschaft da engagiert.

Klaus Hänsch (* 15. Dezember 1938 in Sprottau, Schlesien) ist seit 1979 ein MdEP für die SPD und Mitglied der Sozialdemokratischen Fraktion im EP.