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A Lott of Trouble …

Eckhard Tollkühn16. Dezember 2002

Politiker reden viel. Das gehört zu ihrem Job. Was viele offenbar verlernt haben, ist, politisch korrekt zu reden. DW-TV-Korrespondent Eckhard Tollkühn über Politiker, die lieber ins Fettnäpfchen statt zurücktreten.

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Der hessische Ministerpräsident Roland Koch ist nicht auf den Mund gefallen. Wie jeder gute Redner will er seine Argumente mit griffigen Vergleichen untermauern. Doch Vergleiche zwischen der gegenwärtigen Steuerdebatte und der Judenverfolgung während des Dritten Reiches sprengen nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sie dürfen ganz einfach nicht passieren.

Kochs Entschuldigung kam prompt, weitere Konsequenzen wird die Angelegenheit wohl nicht haben. Der verbale Ausrutscher hat sein Gegenstück auf der anderen Seite des Atlantiks. Der republikanische Senatsvorsitzende Trent Lott hat es geschafft, mit einer Bemerkung die gesamte schwarze Bevölkerung gegen sich aufzubringen und dazu noch einen großen Teil der Weißen. Selbst Parteifreunde und Kollegen im US-Kongress fordern seinen Rücktritt.

Plädoyer für Rassentrennung?

Was war passiert? Es begann mit einer Geburtstagsparty letzte Woche. Eine Geburtstagsparty für einen ungewöhnlichen Mann. Senator Strom Thurmond wurde 100 Jahre alt. Der älteste und dienstälteste Senator in der amerikanischen Geschichte. Bonmots und Witze machten die Runde, besonders zum Ruf des Jubilars als Frauenheld bis in seine späten Jahre. Weniger witzig war Strom Thurmonds politische Vergangenheit. Er war bekennender Rassist und ein aktiver Befürworter der Rassentrennung. 1948 kandidierte er auf dieser Platform für die sogenannten "Dixiecrats" im Präsidentschaftswahlkampf.

Er hätte Strom Thurmond damals gewählt, tönte Trent Lott in seiner Geburtstagslaudatio, "… denn dann wären unserem Land viele Probleme erspart geblieben." Betretendes Schweigen unter den Versammelten. Nur der Politgreis im Rollstuhl grinste geschmeichelt. Die Reaktion in der amerikanischen Presse war vernichtend. "Will der mächtigste Mann im US-Senat sagen, die USA wären besser dran, wenn es noch die Rassentrennung gäbe?" Natürlich nicht, verteidigte sich der Senatsvorsi in eilig anberaumten Pressekonferenzen, in Talkshows und wann immer sich sonst noch die Gelegenheit bot.

Unhaltbar geworden

Doch trotz der aggressiven Charmeoffensive, der Skandal will einfach nicht weggehen. Selbst der Präsident sah sich zu einer Rüge genötigt. Trent Lott mag noch so oft beteuern, er sei kein Rassist, für viele Amerikaner hat die Äußerung gezeigt, wes’ Geistes Kind der Senator aus Mississippi wirklich ist. Noch wehrt sich Lott gegen die Angriffe und ignoriert die Rufe nach dem Rücktritt, die immer häufiger in den Meinungsspalten der Zeitungen erschallen.

Für die republikanische Führung im Kongress stellt sich zurecht die Frage, ist ein angeschlagener Lott noch in der Lage, seiner anspruchsvollen Funktion voll gerecht zu werden? Und für die Republikaner im ganzen Land stellt sich die vielleicht noch wichtigere Frage: Ist ein Mann haltbar, der dem Bestreben der Partei, eine Volkspartei auch für Minderheiten zu werden, einen Dolchstoß versetzt hat? Immer mehr maßgebliche US-Politiker beantworten diese Frage inzwischen mit "nein".