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Abhörvorwürfe im großen Stil gegen US-Geheimdienst

Daniel Scheschkewitz, Washington DC12. Mai 2006

Der US-Geheimdienst "National Security Agency" hat laut einem Zeitungsbericht Daten mehrerer zehn Millionen Amerikaner jahrelang systematisch auf ihr Telefonverhalten hin kontrolliert. Bush sieht kein Gesetz verletzt.

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Die NSA-Zentrale in Fort Meade, MarylandBild: dpa - Report

Die Kundeninformationen seien der Behörde freiwillig von den drei größten US-Telefongesellschaften zur Verfügung gestellt worden, berichtete am Donnerstag (11.5.2006) die Zeitung "USA Today". Die "National Security Agency" (NSA) überwacht seit den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 die Telefonate von US-Bürgern mit Genehmigung des Präsidenten, aber unter Umgehung der Gerichte.

Viel höhere Zahl an Betroffenen

Bislang hatte die Bush-Regierung zwar die Existenz des Überwachungsprogramms innerhalb des NSA eingeräumt, ohne aber zu sagen, wie viele US-Bürger davon tatsächlich betroffen waren oder sind. Führende US-Politiker kritisierten die Praxis. Präsident George W. Bush betonte dagegen am Donnerstag die Rechtmäßigkeit aller NSA-Aktionen im Anti-Terror-Kampf. In seiner wöchentlichen Radioansprache betonte Bush am Samstag (14.5.2006), die Regierung achte peinlichst darauf, dass die Privatsphäre aller US-Bürger gewahrt bleibe. Niemand höre Inlandsgespräche ohne richterliche Genehmigung ab.

Nach dem Bericht von "USA Today", der meist gelesenen Zeitung Amerikas, hat die NSA seit 2001 insgeheim die Daten von mehreren zehn Millionen Kunden kontrolliert, die ihnen von den Telefongesellschaften AT&T, Verizon und Bell South zur Verfügung gestellt wurden.

Verdächtiges Telefonverhalten

Nur der Telefonanbieter "Qwest" weigerte sich, die Daten seiner Kunden herauszugeben. Offenbar wurde das Datenmaterial von der Geheimdienstbehörde auf eventuell verdächtiges Telefonverhalten hin überprüft. Unklar ist jedoch, wie viele der Gespräche oder E-Mails von dem Spionage-Dienst tatsächlich abgehört oder gelesen wurden. Ziel der Aktion, sagen die anonymen Informanten von "USA Today" aus der Behörde selbst, sei es gewesen, eine nationale Daten-Basis zu erstellen, die sich für die Terror-Abwehr nutzen ließ.

Kongress-Abgeordnete, wie der demokratische Senator für Vermont, Patrick Leahy, zeigten sich empört: "Es ist eine Schande, dass wir so hinterherhinken und offenbar so bereitwillig alles abgenickt haben, was diese Regierung im Schilde führt. Der von den Republikanern kontrollierte Kongress weigert sich, kritische Fragen zu stellen und wir müssen aus der Zeitung erfahren, was in unserem Land vorgeht. Wir sollten nach Hause gehen."

"Wir schnüffeln und graben nicht"

Präsident Bush versuchte am Donnerstag dem Eindruck entgegenzutreten, die Bürger würden ausspioniert. Ohne den Bericht zu dementieren oder zu bestätigen behauptete er, alle Aktivitäten würden sich streng im Rahmen der Gesetze bewegen: "Die Privatsphäre unserer Bürger wird von der Regierung streng geschützt. Wir schnüffeln und graben nicht im Privatleben unserer Bürger herum." Er fügte hinzu, die Aktivitäten richteten sich ausschließlich gegen die Terrororganisation El Kaida. Im Übrigen seien ausgewählte Abgeordnete beider Parteien über die Überwachungsmaßnahmen informiert worden.

Der Chef des Justiz-Ausschusses im US-Senat, Senator Arlen Spector, kündigte dennoch an, die Direktoren der betroffenen Telefonbehörden zur Aufklärung vor den Senat zu laden.

Ehemaliger NSA-Chef Hayden jetzt CIA-Chef

Die Bush-Regierung hatte bisher stets behauptet, das "Terrorismus-Überwachungsprogramm" der NSA betreffe nur die Auslandsgespräche von US-Bürgern mit terrorverdächtigen Personen.

Die jüngsten Enthüllungen gewinnen zusätzlich an Brisanz dadurch, dass Präsident Bush den Luftwaffen-General Michael Hayden vor kurzem als neuen Chef der CIA vorgeschlagen hat. Hayden war von 1999 bis 2005 Chef der NSA.