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Kampf um die Vereinigten Staaten

Christina Bergmann10. Februar 2009

Der Bürgerkrieg von 1861-1865 war nicht nur ein Kampf um die Abschaffung der Sklaverei, es war auch ein Kampf um die Souveränität der Bundesregierung. Abraham Lincoln steuerte die USA erfolgreich durch diesen Krieg.

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Abraham Lincoln wurde 1865 ermordet - das Ende des Bürgerkriegs hat er nicht mehr erlebt.Bild: AP

Der 8. Februar 2009 ist ein sonniger Tag in Annapolis, dem kleinen Städtchen östlich von Washington. Gut 200 Menschen drängen sich in dem Konferenzraum in einem Hotel in der Stadt. Sie wollen hören und nacherleben, was sich hier während des amerikanischen Bürgerkrieges zugetragen hat. Damals, am 2. Februar 1865, war es nass kalt und ungemütlich, als Abraham Lincoln zu Fuß durch die Stadt musste, weil die eingleisige Bahnstrecke nicht rechtzeitig frei geräumt werden konnte. Präsident Lincoln hatte sich erst am Morgen entschlossen, an einer Friedenskonferenz in Fort Monroe in Virginia teilzunehmen, erklärt der Militärhistoriker Prof. Craig Symonds. Weil die Abgesandten des Südstaatenpräsidenten Jefferson Davis die Anweisung hatten, auf der Unabhängigkeit zu beharren und in Bezug auf die Sklavenfrage keine Zugeständnisse zu machen, wusste Lincoln, dass seine Mission vergebens sein würde. “Er wollte sich eigentlich nicht mit ihnen treffen. Andererseits wusste er, dass er sich nicht vor die Öffentlichkeit hinstellen und sagen konnte: Ich habe es abgelehnt über ein Ende des Krieges zu verhandeln, obwohl Eure Kinder sterben.“

Der richtige Mann zur richtigen Zeit

Als Lincoln 1860 zum Präsidenten gewählt wurde, war nicht absehbar, dass dieser Krieg seine Präsidentschaft dominieren würde. Lincoln hätte jedoch keine Möglichkeit gehabt, ihn zu verhindern, sagt Craig Symonds. “Ich glaube, dass die Frage der Sklaverei in Amerika ein so unlösbarer Gordischer Knoten war, der früher oder später nur durch eine Krise gelöst werden konnte. Ich glaube, dass dieser Krieg notwendig war.“

Die Historiker sind sich einig, dass Abraham Lincoln der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Platz war. Keiner der Präsidenten vor oder nach Lincoln, so meint auch Symonds, hätte die Situation besser gemeistert. Lincoln hatte sich bereits lesen und schreiben beigebracht, ein Anwaltspatent erworben und war als Politiker in den Kongress gewählt und schließlich Präsident worden. Nun ging er in die Kongressbibliothek, und studierte Bücher über Kriegsführung. Denn auf seine Generäle konnte er sich zunächst nicht verlassen. Sowohl Winfield Scott als auch George McClellan erzielten nicht die gewünschten Erfolge. Der Präsident musste wesentlich mehr in die Kriegsführung eingreifen, als er gedacht hatte. Erst als Lincoln schließlich General Ulysses S. Grant das Kommando übertrug, wendete sich das Blatt.

Die Einheit der Nation bewahrt

Ohne Abraham Lincoln also wäre der Bürgerkrieg mit Sicherheit anders verlaufen. Schließlich hatte der Süden zunächst nicht nur die besseren Generäle sondern auch den Vorteil, auf eigenem Gebiet zu kämpfen, sagt die Historikerin Doris Kearns Goodwin, die sich mit Lincoln und seiner Politik beschäftigt hat. “Wichtig war, dass er gleich zu Beginn erkannte, dass er die zeitliche Abfolge seiner verschiedenen Maßnahmen genau planen musste, wenn er die Kriegsmoral im Norden aufrecht erhalten wollte.

In die erste Schlacht von Bull Run, die der Süden gewann, hat Lincoln seine Truppen zu schnell geschickt, das hat er dann erkannt. So zögerte er die nächste Schlacht hinaus, damit er genug Zeit hatte, um seine Truppen auszubilden.“ Auch die Emanzipationserklärung, so Kearns Goodwin, veröffentlichte Lincoln später, als es vielen Sklavereigegnern lieb war. Doch er wollte nicht riskieren, die Staaten zu verlieren, die auf der Seite des Nordens standen, aber selbst Sklaverei erlaubten.

Lincolns Rechnung ging auf: Auf Dauer konnte der Süden den Bürgerkrieg nicht durchhalten. Am 9. April 1865 kapitulierte General Robert E Lee, der Oberbefehlshaber der Südstaatentruppen, in Appomattox. Der Krieg war zu Ende, auch wenn die letzten Truppen sich erst mehreren Wochen später ergaben. 620.000 Menschenleben hatte der erste moderne Massenkrieg gekostet. Doch Abraham Lincoln hatte er geschafft, die Einheit der Nation zu bewaren.

Wenn die USA sich zu dieser Zeit tatsächlich geteilt hätten und der Süden und der Norden je einen eigenen Staat gegründet hätten, so Doris Kearns Goodwin, “dann wäre es niemals zu diesem mächtigen Gebilde der Vereinigten Staaten gekommen, in dem Norden, Süden, Westen und Osten vereint sind. Dann hätten wir vielleicht vier oder fünf Staaten in Nordamerika und die USA hätten nie zu der Weltmacht aufsteigen können, zu der sie schließlich geworden sind.“

Dem stimmen auch die Menschen zu, die an diesem sonnigen Sonntag 200 Jahre nach dem Geburtstag von Abraham Lincoln auf seinen Spuren durch Annapolis laufen. Der Präsident ist zeitlos, fasst es einer der Besucher zusammen. Er war seiner eigenen Zeit weit voraus und alle profitieren heute davon.