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Kuwait vor Regierungskrise?

29. Dezember 2010

Kuwaits Opposition sucht die Kraftprobe: Ministerpräsident Al Sabah muss im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Der Regierungschef war durch robustes Vorgehen der Sicherheitskräfte bei Protesten in die Kritik geraten.

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Musalam Al Barak von der islamistischen Fraktion (l.) und andere Abgeordnete der Opposition bei der hitzigen Debatte um das Misstrauensvotum am 28. Dezember 2010 (Foto: AP)
Abgeordnete der Opposition bei der hitzigen Debatte um das MisstrauensvotumBild: AP

Das neue Jahr könnte in Kuwait mit einer handfesten Regierungskrise beginnen: Wegen gewaltsamer Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Abgeordneten der Opposition muss sich der kuwaitische Ministerpräsident am kommenden Mittwoch einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Sollte Ministerpräsident Scheich Nasser Al Mohammed Al Sabah die Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung verlieren, könnte das Emirat in eine politische Krise stürzen.

Scheich Sabah Al Ahmed, Emir von Kuwait (Mitte l.) mit seinem Neffen und Ministerpräsidenten Scheich Nasser Al Sabah (Mitte r.) bei einer Sitzung des Golfkooperationsrats 2009 (Foto: AP)
Scheich Sabah Al Ahmed, Emir von Kuwait (Mitte l.) mit Ministerpräsident Scheich Nasser (Mitte r.)Bild: AP

Nach Berichten lokaler Medien vom Mittwoch (29.12.2010) brachten zehn Parlamentarier den Antrag auf eine Abstimmung über eine "Nichtkooperation mit der Regierung" ein. Sie wurde vom Plenum beschlossen, nachdem der Ministerpräsident in neunstündiger nichtöffentlicher Sitzung befragt worden war. Abgestimmt über das politische Schicksal Nasser Al Sabahs wird am 5. Januar.

Mehrheit fraglich

Der Tageszeitung "Kuwait Times" zufolge rechnen die Oppositionspolitiker mit einer Unterstützung des Misstrauensvotums durch 22 Parlamentarier. Damit fehlten in dem 50-köpfigen Parlament drei Stimmen für eine Mehrheit. Käme sie am 5. Januar zustande, könnte der Emir als kuwaitisches Staatsoberhaupt den Regierungschef entlassen, beziehungsweise das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Zur Auflösung der Nationalversammlung war es in den vergangenen fünf Jahren bereits vier Mal gekommen.

Polzeieinsatz gegen protestierende Abgeordnete bei einer Kundgebung in Sulaibkhat, westlich von Kuwait Stadt (Foto: epa)
Stein des Anstoßes: Der Polzeieinsatz gegen protestierende Abgeordnete bei einer Kundgebung in Sulaibkhat, westlich von Kuwait StadtBild: picture-alliance/dpa

Hintergrund des angekündigten Misstrauensvotums ist der Vorwurf der Opposition, Scheich Nasser habe den unverhältnismäßigen Einsatz von Polizeigewalt gegen Regierungsgegner zu verantworten. Bei gewaltsamen Zusammenstößen von Sicherheitskräften und Regierungsgegnern waren am 8. Dezember mehrere Menschen verletzt worden. Fernsehbilder zeigten, wie verschiedene Demonstranten, darunter auch oppositionelle Parlamentarier niedergeknüppelt und verletzt wurden. Nachdem der Fernsehsender Al-Dschasira Aufnahmen von dem Polizeieinsatz gezeigt hatte, schloss Kuwaits Regierung das Außenstudio des Senders in Kuwait-Stadt und warf ihm "Einmischung in innere Angelegenheiten" vor.

Rücktrittsforderungen nicht zum ersten Mal

Die Befragung Scheich Nassers durch das Parlament war die achte seit seinem Amtsantritt im Februar 2006. Bereits fünfmal hatte die Opposition den 70-Jährigen zum Rücktritt aufgefordert. Sie hatte Nasser wiederholt Veruntreuung von Regierungsgeldern, Misswirtschaft und Verletzung der Verfassung vorgeworfen. Kuwait hatte als erster Staat am persischen Golf die konstitutionelle Monarchie eingeführt. Laut Verfassung wählt das Parlament den Regierungschef zwar nicht unmittelbar, er ist jedoch vom Vertrauen der Nationalversammlung abhängig. Scheich Nasser war 2009 durch seinen Onkel, Emir Scheich Sabah Al Ahmed, im Amt bestätigt worden.

Autor: Sven Töniges (dpae, rtre, ap)
Redaktion: Thomas Latschan