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Achsen allerorten

Ingun Arnold24. Mai 2002

Präsident Bush hat dem weltweiten Terrorrismus den Kampf angesagt: Doch die Ungereimtheiten im "Krieg gegen den Terror" häufen sich. Auch der aktuelle Terrorismus-Bericht der US-Regierung schafft keine Klarheit.

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Terrorismus: Ein Wort hält die mächtigste Nation in AtemBild: AP

Wer wusste was und seit wann? Eine unabhängige Kommission soll Licht ins Dunkel der Informationspolitik der Regierung Bush zu den Anschlägen des 11. September bringen – so will es zumindest Senator Tom Daschle, Mitglied der Demokraten und Mehrheitsführer des US-Senats.

Brisant für die Regierung: Es sieht so aus, als habe Präsident Bush bereits vier Wochen vor dem 11. September von seinen Beratern einen Tipp bekommen. Am 6. August 2001 wurden die Worte "Flugzeugentführung" und "El Kaida" ausdrücklich im allmorgendlichen Informationsbulletin des Weißen Hauses genannt.

Gedenkfeier in New York
Gedenkfeier in New YorkBild: AP

Schlampereien beim FBI?

Allerdings hat der Geheimdienst – ausgerüstet mit einem Milliardenetat, erfahrenen Agenten und allen technischen Möglichkeiten zur Dechiffrierung verschlüsselter Botschaften – die Warnungen vor einem möglichen Terroranschlag nicht ernst genommen. Es seien sehr wohl Informationen über eine mögliche Flugzeugentführung durchgesickert, aber diese seien äußerst vage gewesen, erklärte Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in einem Pressegespräch im Weißen Haus am 16.Mai 2002.

World Trade Center: Menschen auf der Flucht
World Trade Center: Menschen auf der FluchtBild: AP

Das Wann, Wo und Wie des Anschlags sei selbstredend nicht übermittelt worden. Man habe daher eher mit einer "konventionellen" Flugzeugentführung gerechnet, und das auch nicht unbedingt in den Vereinigten Staaten. Auf die Idee, dass im eigenen Land Flugzeuge zu Bomben umfunktioniert werden könnten, sei schlichtweg niemand gekommen.

Hinweise auf ein mögliches Attentat gab es schon früher: Im Juli 2001 verschickte FBI-Agent Kenneth Williams aus Phoenix/Arizona ein Memorandum an die Geheimdienstzentrale: Mutmaßliche Terroristen ließen sich an amerikanischen Flugschulen das technische Know-How für einen Anschlag aus der Luft beibringen, so sein Verdacht. Doch nichts geschah: Das Memorandum verschwand beim FBI unter den Aktenstapeln.

Porträtmaler von Saddam Hussein
Porträtmaler von Saddam HusseinBild: AP

Lieblingsfeind Saddam Hussein

Präsident Bush hat neben dem Topterroristen Osama bin Laden inzwischen einen zweiten Hauptfeind ausgemacht: Iraks Diktator Saddam Hussein.

Doch ist Saddam wirklich eine Gefahr? Europäische Geheimdienste wiesen mehrfach darauf hin, dass es zwischen Saddam und El Kaida keine Verbindungen gebe. Und Bill Clintons Verteidigungsminister William Cohen stellte noch im Januar 2001 zufrieden fest: "Saddam Husseins Streitkräfte befinden sich in einem Zustand, der für seine Nachbarn keine Gefahr mehr ist."

Hü und Hott?

Auch im "Jahresbericht zum weltweiten Terrorismus - herausgegeben vom US-amerikanischen Außenministerium - wird nicht der Irak, sondern der Iran als Hauptunterstützer des internationalen Terrorismus genannt. Auf der Liste der terrorismus-freundlichen Staaten stehen außerdem der Sudan, Libyen, Nordkorea, Kuba und Syrien. Diese Länder werden aber nicht erst seit dem 11. September von den USA genauer unter die Lupe genommen - seit neun Jahren taucht die Liste unverändert in den "Patterns of Global Terrorism" auf. Nichts Neues also an der Front der "Schurkenstaaten".

Friedensbereit?
Palästinensischer Junge mit Stein während einer Friedensdemonstration in BerlinBild: AP

Obendrein ist im "Terrorismus-Bericht" keine Rede davon, dass diese Länder eine direkte Gefahr für Amerika darstellten. Sieht man genauer hin, dann ist auch nicht die akute terroristische Bedrohung der USA, sondern die Lage im Nahen Osten ein Schwerpunkt der Analyse - ganz im Gegensatz zu Präsident Bushs zeitweise eingeschränktem Engagement in dieser Region.