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Exilkunst

Oliver Seppelfricke23. Oktober 2006

Anfang 1998, mitten im afghanischen Bürgerkrieg, begann ein bislang weltweit einmaliges Projekt: Kostbare Kunstschätze wurden zum Schutz vor Zerstörung in die Schweiz ausgelagert. Jetzt geht's zurück in die Heimat.

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Museumsleiter Paul Bucherer vor afghanischen Teehausmalereien
Museumsleiter Paul Bucherer mit afghanischen TeehausmalereienBild: pa / dpa

Die Kulturgüter Afghanistans waren lange Zeit vom Verschwinden bedroht. Kriege und Krisen wie der Einmarsch der sowjetischen Truppen 1979 und die anschließende Besetzung des Landes sowie in jüngster Zeit die Bürgerkriegszustände und Religionsfehden haben der Kultur des Landes und ihren Zeugnissen stark zugesetzt. Der kleine Ort Bubendorf bei Basel war jahrelang das einzige Exil für die Kulturgüter des geplagten Landes.

Archäologie und Volkskultur

"Ursprünglich hätten hier in erster Linie archäologische Objekte eingelagert werden sollen", erzählt Paul Bucherer, der Leiter des dortigen Afghanistan-Instituts und des Afghanistan-Museums. "Aber was wir heute haben, ist eigentlich viel, viel wichtiger. Es ist die Volkskultur. Es ist die Kultur des afghanischen Volkes." Objekte, die in dreißig Jahren Bürgerkrieg zerstört, verheizt, geplündert oder auf der Flucht zurückgelassen wurden. Objekte, die von keinem Handwerker mehr hergestellt wurden, weil niemand mehr das Geld hatte, sie zu kaufen. Oder weil die Werkstätten zerstört waren oder die Handwerksgeräte fehlten.

Noch werden die Kisten nicht gepackt. Noch können Besucher die weltweit einzigartige Sammlung afghanischer Kulturgüter in Bubendorf im Schweizer Exil bestaunen. Die UNESCO, die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Erziehung und Kultur, entscheidet, wann die Rückführung stattfinden kann - und übernimmt damit auch die Verantwortung für die Sicherheit dieser Objekte in Afghanistan. Mit den Objekten, die jetzt noch in Bubendorf gelagert und ausgestellt sind, möchte das Afghanische Nationalmuseum eine große Ausstellung veranstalten - zur Wiedereröffnung des mit internationaler Hilfe wieder aufgebaute Museums in Kabul.

Ungeklärte Kostenfrage

Die gut 1300 Kulturobjekte, die im Schweizer Exil waren, sind nach ihrer Rückkehr ins Land, von Plünderungen mal abgesehen, wohl keiner größeren Gefahr ausgesetzt. Sie sind nicht religiös anstößig, da sie keine Bildnisse von Menschen und Tieren enthalten und somit nicht gegen das islamische Bilderverbot verstoßen. Aber noch aus einem anderen Grund ist die für Mitte November geplante Rückführung der Kulturgüter nach Afghanistan ungewiss, wie Paul Bucherer erklärt:

"Insbesondere ist auch die Frage, wer die Kosten der Rückführung trägt, noch nicht gelöst. Wir suchen nach wie vor Sponsoren, die bereit sind, einen Teil dieser Kosten zu übernehmen. Unsere Stiftung allein kann das nicht. Und die UNESCO teilte uns mit, auch sie besitze keine Mittel für die Rückführung. Die afghanische Regierung sowieso nicht. Also werden wir noch sehen müssen, wie diese rund 70.000 bis 80.000 Euro aufzubringen und abzudecken sind.“