1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Afghanische Frauen wollen hoch hinaus

30. Januar 2002

Die Flughäfen in Afghanistan sind zerstört - fast alle Flugzeuge der staatlichen Airline Ariana auch. Trotzdem soll der Flugverkehr demnächst wieder aufgenommen werden. Deshalb sucht Ariana jetzt nach Flugbegleiterinnen.

https://p.dw.com/p/1gN7
Ariana hebt wieder abBild: AP

Den kleinen Schleier locker umgebunden, die Augen schwarz geschminkt, die Fingernägel blau lackiert: Salaha Hamidi hat sich herausgeputzt. Die 29-jährige Afghanin ist Stewardess und eine von vielen Frauen, die einem Bewerbungsaufruf
der staatlichen Fluggesellschaft Ariana im Radio gefolgt sind. Salaha will ihren erlernten Beruf wieder aufnehmen und unter den ersten Frauen sein, die nach dem Ende der Taliban-Herrschaft als Flugbegleiterinnen arbeiten dürfen. Seit die Frauen aus dem Arbeitsleben verbannt wurden, kümmerten sich nur noch bärtige Männer um das Wohl der Fluggäste. Das soll nun anders werden.

Bewerbungsrunde in Kabul

Von den 130 Frauen, die zum Auswahlverfahren nach Kabul gekommen sind, werden 30 bis 40 für die sechsmonatige Ausbildung ausgewählt. Die Bewerberinnen dürfen nicht älter als 24 sein, nicht mehr als 59 Kilogramm wiegen, sie müssen einen Schulabschluss haben und natürlich ein "freundliches Auftreten". Bereits beim Englischtest wird so manche
Bewerberin scheitern, denn nur wenige sprechen die Fremdsprache. Salaha Hamidi macht deshalb erstmal einen Auffrischungskurs. Sie will unbedingt wieder über den Wolken arbeiten: "Ich habe immer davon geträumt, Stewardess zu werden, weil ich die ganze Welt sehen will", schwärmt sie. 1996, nach fünf Jahren Arbeitsleben, zerplatzte ihr Traum, als die Taliban die Macht ergriffen.

Der technische Offizier Mohamed Fedawi war von Anfang an gegen das Verbot der Taliban. Dass Männer und Frauen gemeinsam als Flugbegleiter arbeiten, sei "international üblich", sagt er. Außerdem durften die Taliban-Stewards keine ausländischen Frauen berühren. "Was hätten sie denn dann machen sollen, wenn sie ihnen Sauerstoffmasken hätten anlegen müssen?", fragt der Pilot Marouf Sikandiry. Auch er freut sich über weibliche Verstärkung. "Das ist ein Job für Frauen", findet er.

In Zukunft wieder Richtung Frankfurt?

In die große weite Welt flogen auch die afghanischen Stewards nicht lange. 1999 verhängten die Vereinten Nationen ein Flugverbot gegen Afghanistan. Von da an flog Ariana nur noch zwei Mal wöchentlich die Inlandsstrecke zwischen Kabul und Herat. Dagegen ging es früher regelmäßig nach Indien, in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Frankfurt. Mit seiner winzigen Flotte versucht das Unternehmen jetzt einen Neustart. Von insgesamt neun Flugzeugen überstanden nur
eine Boeing 727 und eine russische Antonov 24 die
US-Bombenabgriffe. Die Flüge zwischen Kabul und Herat konnten erst kürzlich wieder aufgenommen werden. Wie das Luftfahrtministerium in Kabul bekannt gab, soll Ende Januar der erste internationale Ariana-Flug Pilger von Kabul ins saudi-arabische Mekka bringen.

Die meisten Flughäfen des Landes sind jedoch in einem desolaten Zustand und können nicht angeflogen werden. Offizier Fedawi hofft auf internationale Wiederaufbauhilfe, "vor allem durch die USA, die unsere Ausrüstung zerstört haben. Aber das kann dauern", glaubt er. Bis er wieder ins Cockpit steigt, bleibt ihm also Zeit, über die passende Uniform für die Flugbegleiterinnen nachzudenken. Genaue Vorstellungen hat er schon: eine wadenlange Jacke über einer europäischen Hose, eben "ein Kompromiss zwischen Islam und Moderne".

Logo der afghanischen Fluggesellschaft "Ariana"
Bild: AP