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Afghanistan durch Olympia-Bronze vereint

Waslat Hasrat-Nazimi15. August 2012

Bronze als Balsam für die nationale Seele Afghanistans: Nach seinem Erfolg ist dem Taekwando-Kämpfer Rohullah Nikpah in Kabul ein großer Empfang bereitet worden. Ein seltener Moment nationaler Einheit.

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Bronzegewinner Rohullah Nikpah beißt in seine Medaille (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Der afghanische Taekwondo-Meister Rohullah Nikpah hat zum zweiten Mal nacheinander bei olympischen Spielen eine Bronzemedaille errungen. Der gesamten sechsköpfigen Olympia-Mannschaft des Landes - darunter auch eine Läuferin - wurde am Dienstag (14.08.2012) ein Jubelempfang im Kabuler Ghazi-Stadion bereitet, also dort, wo zu Zeiten der Taliban-Herrschaft noch Exekutionen durchgeführt wurden. Rohullah Nikpah sagte bescheiden, das Schönste ist für ihn sei "nicht die Medaille, sondern das Erreichen von Frieden, Einheit und Brüderlichkeit zwischen meinen Landsleuten".

Junge Medaillenanwärter

Hunderte von Menschen waren gekommen, vor allem Kinder und Jugendliche, um Rohullah Nikpah und seine Medaille zu feiern. Rund 50 Jungen in Taekwondo-Anzügen standen in einer Reihe und reckten Plakate mit den Porträts der Sportler und mit nationalen Symbolen hoch. Majed dürfte für die meisten von ihnen sprechen, wenn er sagt, auch er wolle "eine Medaille gewinnen und ins Ausland gehen, um für meine Heimat zu kämpfen."

Angesichts der täglichen Schreckensnachrichten ist Nikpahs zweite Bronzemedaille  Balsam für die nationale Seele Afghanistans. Im ganzen Land wurde gefeiert, als im Fernsehen übertragen wurde, wie der Taekwando-Kämpfer die Flagge Afghanistans in London hochhielt.  Überall seien Plakate mit dem Bild des Sportlers aufgehängt worden, erzählt der afghanische Sportjournalist Musadeq Parsa. "Die letzten olympischen Spiele in Bejing 2008 sind an den Afghanen völlig vorbeigegangen", so Parsa. Keiner habe erwartet, dass Nikpah eine Bronzemedaille gewinnt. Das sei diesmal anders gewesen, die Menschen hätten mitgefiebert.

Zusammengehörigkeitsgefühl

Aus seiner Erfahrung hat die Begeisterung über die Olympiateilnahme ihrer Athleten die Nation - zumindest für diesen Moment - zusammengeschweißt. Man habe spüren können, dass alle Konflikte und Rivalitäten praktisch zum Stillstand gekommen seien. "Alle Athleten wurden gleichermaßen von den Afghanen unterstützt, es war irrelevant, aus welchem Teil Afghanistans sie kamen oder welchem Volk sie angehörten." Das ist umso bemerkenswerter, als Rohullah Nikpah zur in Afghanistan traditionell diskriminierten Volksgruppe der Hazara gehört.

Rohullah Nikpah beim Taekwondo-Kampf in London (Foto: AP)
Rohullah Nikpah in Aktion bei den Olympischen Spielen in LondonBild: AP

Zu wenig Förderung

Der Journalist Parsa kritisiert gleichzeitig die afghanische Regierung für die geringe Unterstützung des Sports im Lande. "Es wäre die Aufgabe der Regierung, die Jugend für den Sport zu begeistern. Es gibt auch keinen Finanztopf für die Förderung von Leistungssportlern. Auch die ausländischen Geber haben diesen wichtigen gesellschaftlichen Bereich nicht ausreichend unterstützt."

Immerhin ist eine nationale afghanische Fußballliga nach europäischem Vorbild in Vorbereitung. Medaillengewinner Nikpah jedenfalls ist zuversichtlich, dass der Sport bei der Befriedung seines Landes eine zunehmend wichtige Rolle spielen werde. "Es war mein Wunsch, dass meine Landsleute glücklich mit meiner Leistung sind und Gemeinschaftsgefühl empfinden. So Gott will, wird dieser Nationalgedanke jeden Tag größer werden."