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Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr wird ausgeweitet

Nina Werkhäuser17. Dezember 2015

Die Bundeswehr bleibt ein weiteres Jahr in Afghanistan - das hat der Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen. Der deutsche Beitrag zur Ausbildungsmission "Resolute Support" wird ab Januar aufgestockt.

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Bundestag, Foto: dpa
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im BundestagBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

2015 war kein gutes Jahr für Afghanistan, da waren sich alle Redner einig. Die erhofften Fortschritte blieben größtenteils aus, und die Taliban schlugen immer wieder brutal zu, zuletzt mit Angriffen auf den Flughafen in Kandahar und auf ein Gästehaus nahe der spanischen Botschaft in Kabul. Wegen der fragilen Sicherheitslage soll die Bundeswehr noch mindestens bis Ende 2016 in Afghanistan bleiben - dem entsprechenden Mandat stimmte der Bundestag mit großer Mehrheit zu.

"Es ist für uns keine Option, das Land einfach seinem Schicksal zu überlassen", sagte der SPD-Außenpolitiker Niels Annen. Er räumte aber ein, dass die Eroberung der nordafghanischen Provinzhauptstadt Kundus durch die Taliban Ende September ein "Schock" gewesen sei. Dass Kundus binnen Stunden in die Hände der Taliban fiel, offenbarte die Schwäche der afghanischen Sicherheitskräfte: Trotz des jahrelangen Trainings durch ausländische Militärberater waren sie zunächst nicht in der Lage, die Angreifer zurückzudrängen.

Gegenoffensive nach der Einnahme von Kundus durch die Taliban, Foto: epa
Gegenoffensive nach der Einnahme von Kundus durch die TalibanBild: picture-alliance/dpa

Für die Bundesregierung heißt die Konsequenz: Mehr Beratung, mehr Ausbildung, mehr Unterstützung. Statt wie bisher maximal 850 schickt Deutschland künftig bis zu 980 Soldaten in die Mission "Resolute Support", die am 1. Januar 2015 den Nato-Kampfeinsatz ISAF abgelöst hat. Knapp 13.000 Soldaten aus mehr als 40 Ländern beraten die afghanischen Sicherheitskräfte. Eigentlich hatten die Truppensteller gehofft, dass diese Ausbildungs-Mission rasch überflüssig werden würde. Doch danach sieht es nun nicht mehr aus. "Der ursprüngliche Plan war zu ehrgeizig, er war zu schnell", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Bundestag.

Die Taliban hätten 2015 viele Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern verübt, erklärte von der Leyen. Anderseits sei es ihnen nicht gelungen, das eroberte Terrain auf Dauer zu halten. Die Angriffe der Taliban hätten aber auch die Defizite der afghanischen Sicherheitskräfte ans Licht gebracht, etwa bei der Aufklärung, bei der Führung militärischer Einsätze oder im Zusammenspiel von Polizei und Armee. Hier soll die Beratung der deutschen Ausbilder ansetzen, die in Kabul, Bagram und Masar-e Scharif zum Einsatz kommen.

Noch Jahre bleiben?

Wie lange der Einsatz noch weitergehen soll, will die Ministerin von den tatsächlichen Fortschritten abhängig machen und nicht von theoretischen Zeitplänen. Mit anderen Worten: Der Einsatz könnte noch Jahre dauern. Das sei aber "kein Blankoscheck" für die afghanische Regierung, sagte von der Leyen, die erst kürzlich Afghanistan besucht und die Regierung ermahnt hat, die angekündigten Reformen konsequent umzusetzen. Die hat bisher wenig getan, um die Wirtschaft anzukurbeln oder die Korruption zu bekämpfen, von einer Verständigung mit den Taliban ganz zu schweigen. "Legt endlich eure internen Streitigkeiten bei, denn auch das hat zur Instabilität beigetragen", forderte der Sozialdemokrat Niels Annen von der Regierung in Kabul.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besuchte Anfang Dezember ein Feldlager der afghanischen Armee
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in einem Feldlager der afghanischen ArmeeBild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Dass die Lebensbedingungen in Afghanistan sich verbessern, liegt auch deshalb in deutschem Interesse, weil in diesem Jahr Zehntausende Afghanen nach Deutschland geflüchtet sind - und Zehntausende mehr wollen sich auf den Weg machen. Die Stabilisierung des Landes müsse von den Afghanen selbst geleistet werden, und nicht von ausländischen Soldaten, forderte vorn der Leyen. "Frieden und Demokratie kann man nicht von außen erzwingen", betonte auch die Linke Christine Buchholz. Ihre Fraktion zieht daraus aber die Konsequenz, dass sie den Einsatz geschlossen ablehnt. "Sie nennen es Beratung, wir nennen es Beteiligung am Krieg", sagte Buchholz, die die Bundesregierung aufforderte, die deutschen Soldaten aus Afghanistan abzuziehen.

"Kriegsmüdigkeit" in Afghanistan

Bei den Grünen gab es neben Zustimmung auch Kritik an der Mission "Resolute Support". So fragte Hans-Christian Ströbele nach dem Sinn der Ausbildung von afghanischen Soldaten, wenn etliche von ihnen anschließend zu den Taliban überliefen, nach Europa flüchteten oder aus "Kriegsmüdigkeit" gar nicht mehr kämpften. Die Rückeroberung von Kundus sei nur mit einem massivem Einsatz von US-Truppen gelungen, sagte der Grüne, daher dürfe man die Situation in Afghanistan nicht "schönreden".