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Afghanistans Regierung in Bedrängnis

25. Januar 2009

In Afghanistan wächst nach der Tötung angeblicher Zivilisten bei einem US-geführten Einsatz der Druck auf Präsident Hamid Karsai. Viele Menschen demonstrierten lautstark gegen ihre Regierung und die USA.

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Aufgebrachte Dorfbewohner verbrennen eine US-Flagge. (AP Photo/Rahmat Gul)
Aufgebrachte Dorfbewohner verbrannten auch eine US-FlaggeBild: AP

Bei einer Militäraktion der US-Armee sind im Osten Afghanistans nach Darstellung der afghanischen Regierung mindestens 16 Zivilisten ums Leben gekommen. In einer am Sonntag (25.01.2009) verbreiteten Mitteilung des Präsidialamtes heißt es, unter den Opfern des Angriffs in der Provinz Laghman seien zwei Frauen und drei Kinder. Präsident Hamid Karsai verurteilte den Vorfall scharf, der sich bereits am Freitag ereignet haben soll. "Unkoordinierte Angriffe schwächen die afghanische Regierung und stärken die Terroristen", so Karsai.

Die US-geführten Koalitionstruppen erklärten dagegen, bei den Gefechten seien 15 Kämpfer der radikal-islamischen Taliban getötet worden. Unter den Toten sei eine Frau, die einen Granatwerfer bei sich gehabt habe.

Schon 2000 tote Zivilisten

In der Provinz Laghman protestierten am Sonntag zahlreiche Menschen gegen die US-Armee und die Regierung in Kabul. Nach Korrespondenten-Berichten lag die Zahl der Demonstranten zwischen mehreren Hundert und mehreren Tausend. In Sprechchören drohten sie, sich den Aufständischen anzuschließen, sollte es weiter Angriffe gegen Zivilisten geben.

Hamid Karsai (AP Photo/Rahmat Gul)
Hamid Karsai (Archivfoto)Bild: AP

Zivile Opfer sind für die Regierung in Kabul ein heikles Thema, da der von ihr unterstützte ausländische Militäreinsatz dadurch in der Bevölkerung immer mehr an Unterstützung verliert. Präsident Karsai hatte die internationalen Truppen im Land bereits mehrfach aufgefordert, Militäraktionen zu vermeiden, die zum Tod von Zivilisten führen könnten. Hilfsorganisationen zufolge wurden im vergangenen Jahr bei Kämpfen und Anschlägen rund 2000 Zivilisten in Afghanistan getötet. Erst vor zwei Wochen waren in Laghman mindestens 17 Menschen bei einer US-Militäraktion ums Leben gekommen.

Russland bietet Hilfe - ohne Taten

Russland hat der NATO bei ihrem Kampfeinsatz in Afghanistan unterdessen weitere Unterstützung zugesagt, ein eigenes militärisches Engagement aber erneut ausgeschlossen. Die NATO könne bereits jetzt russisches Territorium zur Versorgung ihrer Truppen in Afghanistan mit nicht-militärischen Gütern nutzen, sagte Russlands Vertreter bei der NATO, Dmitri Rogosin, am Samstag dem Moskauer Radiosender Echo Moskwy. Ein eigenes militärisches Engagement sei auch angesichts des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan 1979 ausgeschlossen.

Weitere Angriffe und Tote

Bei einem Taliban-Angriff auf das Haus eines regierungstreuen Stammesältesten kamen in der nordwestlichen Provinz Badghis vier Zivilisten ums Leben. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, erschossen die Angreifer den Stammesältesten, dessen Schwiegertochter sowie zwei weitere Menschen. Bei dem anschließenden Feuergefecht mit Polizisten seien 13 Aufständische getötet worden, hieß es. Über Opfer auf Seiten der Sicherheitskräfte wurde nichts bekannt.

In der östlichen Provinz Paktia starb ein Zivilist bei einem Selbstmordanschlag. Nach Regierungsangaben vom Sonntag wurden neun weitere Menschen verletzt, als sich am Vortag der Attentäter auf einem belebten Markt im Grenzgebiet zu Pakistan in die Luft sprengte.

Im Süden des Landes starb zudem ein Soldat der Internationalen Schutztruppe ISAF bei einem Bombenanschlag. Zur Identität des Opfers machte die NATO-geführte ISAF wie üblich keine Angaben. Nach Angaben des Internetdienste icasualties.org starben seit Jahresbeginn in Afghanistan insgesamt 19 ausländische Soldaten. (mas)