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Afrika hofft auf Überraschungssieg gegen Brasilien

26. Juni 2006

Angst haben sie nicht; Respekt schon: Die amtierenden Weltmeister aus Brasilien treffen auf den Außenseiter Ghana. Es wäre nicht das erste Mal, dass Brasilien von einem afrikanischen Team aus einem Turnier geworfen wird.

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Die brasilianischen Fans hoffen auf den Einzug ins ViertelfinaleBild: AP

Mit afrikanischen Teams verbindet die "Seleção" ein "olympisches Trauma": 1996 in Atlanta schied Brasilien im Halbfinale gegen Nigeria aus, 2000 in Sydney im Viertelfinale gegen Kamerun. Bis heute war der fünfmalige Weltmeister noch nie Olympiasieger. "Wir wissen, dass Ghana ein körperlich starkes Team hat und dass sie sehr konsequent decken. Deshalb müssen wir schnell spielen und uns viel bewegen, um dieser Deckung zu entkommen", forderte Ronaldinho von seinen Kollegen.

Selbstbewusste Brasilianer

Und natürlich sagen die Brasilianer vor dem Achtelfinale gegen Außenseiter Ghana, dass sie den Gegner respektieren. Immerhin haben die Westafrikaner den Favoriten Tschechien aus dem Turnier geworfen und auch die USA besiegt. Angst aber haben die Brasilianer vor dem Spiel am Dienstag (27.6., 17:00 Uhr) in Dortmund nicht. Das Selbstbewusstsein beim fünffachen Weltmeister ist auch deswegen gestiegen, weil es nach lustlosen Auftritten gegen Kroatien und Australien im Spiel gegen Japan (4:1) endlich eine überzeugendere Leistung gab. "Brasilien ist bereit, es mit jedem aufzunehmen", sagt Ronaldo, der mit zwei Treffern die Kritiker besänftigen konnte. "Es gibt keinen Grund, irgendeinen Gegner zu fürchten."

Reise in die Vergangenheit

Aber der brasilianische Trainer Carlos Alberto Parreira warnt, Ghana habe in einer sehr schweren Gruppe drei gute Spiele gezeigt. Für Parreira ist die Begegnung eine Reise in die Vergangenheit. Von 1967 bis 1968 betreute er als Student das Nationalteam Ghanas. "In dieser Zeit war der Fußball dort mehr ein Hobby", sagte der brasilianische Trainer. "Parreira hat dem ghanaischen Fußball die Windeln gewechselt", beschrieb einmal die spanische Sportzeitung "Marca" seine Tätigkeit.

Seitdem ist viel passiert: "Heute spielen von den 23 Profis 20 in Europa. Sie sind viel erfahrener und haben ihre Unschuld längst verloren. Es gibt keinen Grund, sie zu fürchten, aber sie zu respektieren", sagt der brasilianische Trainer. "Ghana ist die schönste Überraschung bei dieser WM", lobt der Weltmeister-Coach von 1994 die "Black Stars", mit denen er 1968 Zweiter im Afrika-Cup wurde. Doch jeder Rest von Freundschaft ruht bis zum Abpfiff, denn für Parreira beginnt jetzt "die wahre WM".

Druck auf Brasilien

Der Brasilianer fürchtet die klare Favoritenzuordnung: "Ghana hat nichts zu verlieren. Der gesamte Druck lastet auf dem brasilianischen Team." Ghanas Trainer Ratomir Dujkovic - ein Serbe - nimmt diesen Ball gern auf: "Die 'Black Stars' haben keine Angst vor niemandem, auch nicht vor Brasilien. Wir haben ausgezeichnete Spieler, und Brasilien wird

leiden müssen, um dieses Spiel zu gewinnen."

Die Fußballkünstler um das "magische Quartett" aus Ronaldo, Ronaldinho, Adriano und Kaka dürfen dies durchaus als Ankündigung eines harten Kampfspiels auffassen. In den drei Gruppenspielen wurden 76 Fouls ghanaischer Spieler gezählt, so viel wie bei keinem anderen der 32 WM-Teilnehmer. "Ich hoffe, dass die Schiedsrichter in der Lage sind, dies einzudämmen, um den Qualitätsfußball zu schützen", sagt Parreira. Brasilien hat gegen körperbetont auftretende Mannschaften seine Schwierigkeiten, wie die Spiele gegen Kroatien (1:0) und Australien (2:0) gezeigt haben. Zur Aufstellung will Parreira vor dem Spiel nichts sagen. Nicht spielen kann der brasilianische Stürmer Robinho. Der 22jährige von Real Madrid laboriert noch immer an einer Oberschenkelverletzung.

Ganz Afrika steht hinter Ghana

Bei Ghana stehen nicht die Verletzungen, sondern die Gelbsperren im Blickpunkt: Mittelfeldspieler Sulley Ali Muntari und Stürmer Asamoah Gyan, die beide in Italien spielen (bei Udinese und Modena), sind wieder mit dabei. Der Chelsea-Spielmacher Michael Essien aber muss nach zwei Verwarnungen aussetzen. Bislang sind beide Mannschaften nur einmal zusammengetroffen: Bei einem Freundschaftsspiel in Brasilien schlug der Gastgeber die Auswahl von Ghana 1996 mit 8:2. Vor dem zweiten Aufeinandertreffen gibt sich der ghanaische Kapitän Stephen Appiah gelassen: "Wir werden am Dienstag unser Spiel spielen und sehen, was geschieht." Und auch Trainer Dujkovic setzt voll auf seine Mannschaft: "Ich bin sicher, dass jeder Spieler mehr als 100 Prozent gibt", sagt der Serbe. Schon allein, um ihre Fans nicht zu enttäuschen: Den "Fahnenträgern Afrikas" drücken nicht nur 20 Millionen Ghanaer die Daumen, sondern ein ganzer Kontinent. (chr)