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Afrika und das billige Öl: Viele verlierer, wenige Gewinner

Hilke Fischer1. März 2016

Sinkende Staatseinnahmen, steigende Inflation, zögerliche ausländische Investitionen: Das billige Erdöl bringt afrikanische Förderländer in Bedrängnis. Doch einige Staaten des Kontinents profitieren vom günstigen Öl.

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Nigeria Port Harcourt Arbeiter auf Plattform Ölförderung
Bild: Getty Images/AFP/P. Utomi Ekpei

Nigeria: Reiches Land tief in den Schulden

In Afrikas größter Volkswirtschaft macht Erdöl nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) mindestens 80 Prozent aller Exporteinnahmen aus. Diese Einnahmen finanzieren große Teile des Staatshaushalts. "Wir erwarten, dass sich Nigerias aktuelles Haushaltsdefizit aufgrund des niedrigen Ölpreises verdoppelt", sagt die Afrika-Analystin der Londoner Wirtschaftsforschungsfirma BMI Research, Francesca Beausang.

Nigeria rechnet laut der Financial Times in diesem Jahr mit einem Haushaltsdefizit von rund 15 Milliarden US-Dollar. Die öffentlichen Ausgaben hätten rasch zugenommen, weil das Land versuche, die lahmende Wirtschaft mit Mehrausgaben anzukurbeln. Mit den steigenden Staatsschulden verlangen Geldgeber aber zumeist auch höhere Zinsen für neue Kredite.

Angola: Kein Geld für Straßen, Schulen, Lebensmittel

Nach Statistiken der Vereinten Nationen exportierte Angola allein im Jahr 2013 Erdöl im Wert von etwa 68 Milliarden US-Dollar. Seit der Ölpreis im vergangenen Jahr um zwei Drittel gesunken ist, ist der Alltag für viele Angolaner mühsamer geworden: Denn Angola muss einen Großteil seiner Lebensmittel importieren. Durch die gesunkenen Einnahmen aus dem Öl und fehlende Devisen kann das Land nun nicht mehr so viel einführen wie vorher. "Auf dem Markt sind die Waren knapp, das treibt die Preise schwindelerregend in die Höhe", schildert der angolanische Volkswirt António Panzo im DW-Gespräch die seit einigen Monaten herrschende Inflation.

Angola Supermarket, Copyright: DW / Nelson Sul D´Angola
In Angola werden die Lebensmittel knappBild: DW/N. S. D´Angola

In weiten Teilen Angolas haben Supermärkte und Großhändler die Verkaufsmengen begrenzt: Pro Kunde werden nur noch ein Sack Reis, eine Flasche Öl und ein Paket Zucker verkauft. Damit sollen ein Ansturm auf die Produkte und das Entstehen eines Schwarzmarktes verhindert werden.

Angola hat zudem bereits Haushaltskürzungen von 25 Prozent angekündigt. Gestrichen werden vor allem Pläne für Infrastrukturprojekte - inklusive neuer Straßen, Häfen und Flughäfen sowie Krankenhäuser und Schulen.

Republik Kongo: Höhere Staatsausgaben trotz niedrigem Ölpreis

Die Republik Kongo schlägt vor den Wahlen am 20. März einen gegenteiligen Kurs ein: Die Regierung in Brazzaville will ihren Haushalt um ein Drittel erhöhen. Dabei hat sich das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr auf ein Prozent verlangsamt - 2014 wuchs die Wirtschaft noch um 6,8 Prozent. Zeitgleich haben sich dem IWF zufolge die Schulden des Landes nahezu verdoppelt.

Kongo Verfassungsreferendum - Präsident Denis Sassou Nguessou, Copyright: Getty Images/AFP
Kongo: Präsident Denis Sassou-Nguessou will am 20. März wiedergewählt werden - und erhöht deshalb die Staatsausgaben trotz geringerer ÖleinnahmenBild: Getty Images/AFP

Öl ist auch für den Kongo die wichtigste Einkommensquelle. Das Land hofft, die Förderquote mit neuen Projekten zu steigern - sie sollen mehr Geld in die öffentlichen Kassen spülen. Zeitgleich will der Kongo seine Wirtschaft diversifizieren und stärker in Infrastruktur, Forstwirtschaft und Bergbau investieren. Experten zweifeln dennoch daran, dass das Land den neuen Haushalt stemmen kann, ohne sich immer tiefer zu verschulden.

Sudan und Südsudan: Streit um Transitgebühren überlagert Preisverfall

Im krisengeschüttelten Sudan und Südsudan wird der Preisverfall zusätzlich durch den politischen Konflikt überlagert: Mitte 2011 wurde der Südsudan, der den Großteil der Ölfelder besitzt, vom Sudan unabhängig. Seitdem zahlt das Land an den Sudan, der die Pipelines verwaltet, Transitgebühren. Diese betragen umgerechnet 22,50 Euro pro Barrel - zusätzlich zu den Förderkosten. Bei einem Ölpreis von weniger als 30 Euro bedeutet das herbe Verluste.

Südsudan Sudan Öl Ölfelder Paloich Pipeline Nordsudan, Copyright: REUTERS/Hereward Holland
Der Streit um die Transitgebühren erschwert den Erdöl-Export aus dem Südsudan zusätzlichBild: Reuters

Sollte sich Sudans Regierung nicht von einer Senkung der Gebühren überzeugen lassen, müsste der Südsudan seine Produktion einstellen, verkündete der südsudanesische Ölminister im Januar einem Medienbericht zufolge.

Mosambik: Sorge um Gas-Investitionen

Mosambik befindet sich seit einigen Jahren wirtschaftlich im Aufschwung. Das Land hofft auf rasantes Wachstum durch neu entdeckte Gasvorkommen. Unternehmen aus den USA und Italien haben angekündigt, große Anlagen zur Produktion von Flüssiggas bauen. Aber nicht nur der Öl-, sondern auch der Gaspreis ist im Keller.

Jetzt ist die Sorge groß, dass doch keine Gasmilliarden in den Staatshaushalt sprudeln werden. Chris Bredenhann, Öl- und Gasexperte der Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers (PWC) in Südafrika, bleibt jedoch optimistisch, denn die Preise für Rohstoffe bewegen sich ständig auf und ab: "Öl- und Gasfirmen machen Langzeit-Investitionen. Es geht ihnen also nicht darum, in zwei oder fünf Jahren viel Geld zu machen, sondern sie sind an langfristigem Profit interessiert - da sprechen wir von einem Planungshorizont von 20 oder 30 Jahren", so Bredenhann im DW-Interview.

Simbabwe und Malawi: Profiteure des billigen Öls

Nicht für alle afrikanischen Länder stellt der fallende Ölpreis eine Bedrohung dar. In Staaten, die selbst kein Öl fördern und die keinen Zugang zum Meer haben, ist Benzin aufgrund der hohen Transportkosten extrem teuer. So gehören Malawi und Simbabwe zu den Ländern mit den höchsten Spritpreisen Afrikas. Wegen des billigen Öls verringerte sich in Malawi der Treibstoff in den vergangenen zwei Jahren um gut ein Viertel.

Lilongwe in Malawi: Menschen warten an Tankstelle, Copyright: Getty Images/AFP/A. Joe
Anschub für die Wirtschaft? In Malawi freuen sich die Menschen über sinkende SpritpreiseBild: Getty Images/AFP/A. Joe

Vor wenigen Tagen kündigte nun die Chefin der simbabwischen Energiebehörde, Gloria Magombo, an, dass die Spritpreise in den kommenden Wochen weiter sinken werden. Ende Februar kostete ein Liter Benzin 1,24 US-Dollar, ein Liter Diesel einen US-Dollar. "In Simbabwe wird sehr viel Diesel für die Stromerzeugung verwendet", so Bredenhann von PWC. "Wenn der Preis niedrig ist, dann haben die Menschen mehr Geld zur Verfügung, weil die Kosten für Strom und Transport geringer sind. Das fördert Investitionen und kurbelt das Wachstum an."