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Agit-Pop und Party

28. April 2003

Tabla, Sitar, Breakbeats, Rap und eine ganze Portion Wut: Asian Dub Foundation ist die vielleicht politischste Band Großbritanniens. DW-WORLD unterhielt sich mit Bassist und Gründer Dr. Das vor dem Konzert in Berlin.

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Asian Dub Foundation

Sie kommen aus London, bekennen sich zu ihren südostasiatischen Wurzeln, und haben wirklich so gar nichts mit dem momentanen Indien-Boom in der Pop-Kultur zu tun. Seit zehn Jahren entziehen sich Asian Dub Foundation mit ihrem irgendwo zwischen Punk, Hiphop, Reggae, Dub, Ska, Jungle und und indischen Einflüssen liegenden Stil der musikalischen Kategorisierung. Umso deutlicher bezieht die siebenköpfige Band politisch Stellung. Nicht erst auf ihrem neuesten Album "Enemy of the Enemy".

Dr. Das, gibt es bei Asian Dub Foundation einen Gegensatz zwischen der partytauglichen Musik und dem politischen Anspruch?

Party und Pop sind für uns keine Gegensatz. Für uns sind sowohl die Texte, als auch die Musik ein Ausdruck von dem, was in uns vorgeht. Unsere Texte handeln davon, worüber wir uns unterhalten, was uns bewegt oder besorgt. Zunächst waren dies natürlich unsere Erfahrungen als Kinder asiatischer Immigranten in Großbritannien. Und das waren natürlich die Kultur unserer Eltern und der Rassismus, der uns entgegengeschlagen ist. Inzwischen sind wir aber viel gereist und es war für uns eine große Überraschung zu merken, dass irgendwas in unserer Musik für Menschen jedweden kulturellen und musikalischen Hintergrundes relevant sein kann. Das lässt uns inzwischen globaler denken. Wir glauben einfach nicht, dass Pop nur mit Liebesliedern funktioniert.

Ihre Botschaft hat sich also verändert?

Ach, was heißt schon "unsere Botschaft"? Wir wollen vor allem, dass Leute Dinge in Frage stellen und selbst kreativ werden.

Die Hiphop-Gruppe "Public Enemy" versteht sich als CNN für die Schwarzen der USA. Sieht sich die Asian Dub Foundation als eine Art CNN für Asiaten?

Nicht wirklich, obwohl wir die Idee unabhängiger alternativer Nachrichtenquellen sehr schätzen. Und es ist nun einmal die Aufgabe von Künstlern und Musikern Themen zu behandeln, die die Medien nicht aufgreifen wollen. Ich glaube wir sind an einem Punkt, wo immer mehr Menschen die Medien einfach ignorieren. Ich selbst lese fast gar keine Zeitungen mehr und kümmere mich nur um Medien, wenn ich selbst interviewt werde. Ich verlasse mich lieber auf Informationen aus dem Internet und auf Dinge, die Leute mir mailen.

Asian Dub Foundation Dr Das Porträtfoto
Dr. Das vor dem Konzert am 26.4.03 in BerlinBild: DW

Inwiefern hat die veränderte Welt seit dem 11. September 2001 Einfluss auf Asian Dub Foundation gehabt?

Ich glaube, dass sich seitdem vor allem die Wahrnehmung verändert hat. Das Prinzip blieb das selbe. Das amerikanische Volk mag denken, dass sich die Welt verändert hat, weil man einfach keine Ahnung hat, warum Menschen so etwas tun, wenn man sich nur über Medien wie CNN informiert. Natürlich bezieht sich unser neues Album auch auf die Lage in der Welt. Die USA haben Saddam über viele Jahre zu dem gemacht, was er war. Natürlich wissen sie, dass der Irak sogenannte Massenvernichtungswaffen hat, die USA haben sie ihm ja geliefert. Sie haben Saddam eingesetzt, ausgerüstet und seine Elite ausgebildet, genau wie bei Ossama bin Laden. Das sind nur zwei der offensichtlichsten Beweise für uns, um zu sagen: Die Dinge sind nicht so einfach, wie sie aussehen.

Wie erklären Sie den momentanen Indien-Boom in Europa? Alles indische scheint auf einmal cool zu sein...

Fragt mal Eure Freunde in den Medien. Es ist einfach ein Mediending. Und es ist so beleidigend: Wie kann man nur ein ganze Kultur als cool oder uncool bezeichnen? Bei allen Unterschieden zwischen einem Künstler wie Talvin Singh und uns bin ich nur auf eine Gemeinsamkeit verdammt stolz: Wir alle benutzen Technologie und bauen auf einer sehr alten und reichen Tradition auf. Als Anfang der 90er Jahre Großbritannien geradezu besessen war von diesem Retro-Gitarren-Pop kamen auf einmal wir mit unserer indischen Herkunft und mischten Rap mit elektronischer Musik und den klassischen indischen Instrumenten.

Wie kommt Ihre Musik denn in Indien selbst an? Haben Sie schon einmal auf dem Sub-Kontinent gespielt?

Nein, noch nicht, aber wir würden es jetzt tun. In den ersten Jahren von Asian Dub Foundation war es einfach nicht relevant für uns, weil wir doch vor allem die Erfahrungen von Asiaten in Europa widerspiegelten. Wir werden weiter über die Themen der Migranten reden, aber sind uns der Bedeutung von Indien bewusst. Viel von den indischen Samples, die man bei uns hört, kommen aus den Plattensammlungen unserer Eltern. Unser neues Album ist nun erstmals auch offiziell in Indien erschienen.

Und was glauben Sie, wie die Reaktionen ausfallen?

Wahrscheinlich so wie überall: Einige lieben es, andere hassen es, und einigen ist es egal. Wir haben schon etliche Interviews mit indischen Medien gemacht. Es werden sich auf jeden Fall Leute dafür interessieren.

Das Gespräch führten Sonia Phalnikar und Oliver Samson