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Atomstreit mit dem Iran

7. März 2012

Die UN-Vetomächte und Deutschland haben Teheran im Atomstreit erneut Gespräche angeboten. Iran-Experte Omid Nouripour fürchtet, dass der Iran keine Angst vor einem Militärschlag hat – im Gegenteil.

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ARCHIV - Iranische Kampfflugzeuge bei einer Militärparade am 22.09.2009 in Teheran. Angesichts israelischer Angriffsdrohungen haben die iranischen Streitkräfte am Montag (20.02.2012) ein viertägiges Manöver zur Verteidigung von Atomanlagen begonnen. Die Führung in Teheran hat wiederholt mit massiven Vergeltungsangriffen gedroht, sollten die Israelis die Atomanlagen angreifen. Die iranischen Raketen könnten jeden Winkel Israels erreichen, hieß es. Foto: ABEDIN TAHERKENAREH dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Wenn es erneute Gespräche geben soll und der Iran UN-Inspekteure eine umstrittene Militäranlage besichtigen lässt, kommt es dann im Atomstreit doch noch zu einer diplomatischen Lösung?

Omid Nouripour: Das wäre hervorragend, aber ich befürchte, dass das Misstrauen auf beiden Seiten sehr groß ist. Der Iran tut wenig dafür, dass dieses Misstrauen abgebaut wird. Es gibt ein Gesprächsangebot nachdem der Iran die IAEA-Mitarbeiter ihre Arbeit nicht hat machen lassen. Das ist nicht unbedingt beruhigend.

Aber der Iran hat jetzt den UN-Inspekteuren zugesagt, dass sie Zugang zu einer umstrittenen Militäranlage haben werden.

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Omid NouripourBild: Omid Nouripour MdB - Bündnis 90/Die Grünen

Dann sollen sie das schleunigst auch umsetzen. Hoffentlich finden diese Inspekteure dort nichts. Das Misstrauen ist, wie gesagt, riesengroß. Es gab viel zu viele Spielchen, die seitens Teheran gespielt worden sind. Wenn es aber gelingt, eine diplomatische Lösung zu finden, dann wäre das natürlich fantastisch und viele Leute wären sehr erleichtert.

Teheran hat sein Atomprogramm mittlerweile vorangetrieben, der Westen hat neue Sanktionen verhängt, die dem Iran zusetzen und Israel droht mit einem Präventivschlag. Hat denn der Iran Angst vor einem Angriff?

Mein Eindruck ist, dass die Angst eher kleiner wird, weil man sieht, dass die Spielräume der Amerikaner und der Israelis auch nicht mehr besonders groß sind. Es gibt tatsächlich, nach meiner Wahrnehmung, innerhalb des iranischen Machtblocks einige Kräfte, die sogar ein Interesse daran hätten, dass es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt.

ARCHIV - Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei einer Rede in der Urananreicherungsanlage in Natans (Archivfoto vom 09.04.2007). Dem Iran sind einem Medienbericht zufolge weitere Fortschritte in seinem umstrittenen Atomprogramm gelungen. Erstmals sei ein eigener Kernbrennstab hergestellt worden, schrieb die iranische Nachrichtenagentur Fars am Sonntag. Er habe die notwendigen Tests bestanden und stehe zum Einsatz in einem Forschungsreaktor in Teheran bereit. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. EPA/ABEDIN TAHERKENAREH +++(c) dpa - Bildfunk+++
Könnte Nutznießer eines Krieges sein: Mahmud AhmedinedschadBild: picture alliance / dpa

Wenn die Teile der Revolutionswächter, die Präsident Mahmud Ahmadinedschad unterstützen, einen Grund suchen, damit sie im inneren Machtkampf tatsächlich noch Oberwasser gewinnen, dann wäre eine militärischer Angriff auf den Iran für sie willkommen. Ich sehe aber eher, dass Ahmadinedschad und seine Leute einen Konflikt an der Straße von Hormus provozieren und nicht mit Israel.

Warum ist Teheran an einem Militärschlag gegen das eigene Land gelegen?

Es gibt eine Machtauseinandersetzung zwischen zwei Blöcken: Wir haben Ahmadinedschad auf der einen Seite und den Revolutionsführer Chamenei auf der anderen Seite. Die Parlamentswahlen haben Ahmadinedschad und seine Leute nicht nur massiv zurückgedrängt, sondern auch teilweise gedemütigt. Und vor dem Hintergrund, dass seine Amtszeit und damit sein Zugang zur Macht im kommenden Jahr im Juni zu Ende sein wird, weil er dann nicht mehr Präsident sein wird, braucht er einen militärischen Konflikt, damit er, zum Beispiel einen Ausnahmezustand verhängen kann, damit seine Militärs die Machtauseinandersetzung mit der Geistlichkeit suchen können. Das ist sehr beängstigend.

Bei dem Besuch von Israels Premier Benjamin Netanjahu haben die Amerikaner zugesagt, den Iran an der nuklearen Aufrüstung zu hindern und Israels militärische Überlegenheit zu sichern, eine militärische Lösung aber lehnt US-Präsident Barack Obama vorerst ab. Bleibt die Bedrohung eines Krieges dennoch bestehen?

Ich hoffe nicht. Ich sehe keine militärische Option, die Sinn macht. Man kann das iranische Atomprogramm nicht stoppen, indem man es aus der Luft beschießt. Das einzige, was tatsächlich einen Effekt hätte, wäre ein richtig großer Krieg, der am Ende dann dazu führt, dass im Iran andere Leute an der Macht sind. Ich glaube aber nicht, dass die Amerikaner nach Irak und Afghanistan und ihrem eigenen Haushaltsdesaster tatsächlich den Willen und die Kraft dazu haben.

Könnte es – ähnlich wie im Irak – passieren, dass man mit oder ohne militärisches Eingreifen entdeckt, dass der Iran gar nicht an Atomwaffen arbeitet?

Irans wichtigste Nuklearanlagen (Foto: DW)
Nuklearanlagen im Iran

Ich gehe nicht davon aus, dass es derzeit im Iran Atomwaffen gibt. Darum geht es auch nicht. Es geht um die Fähigkeit solche entwickeln zu können. Es geht darum, dass der Iran auf dem Weltmarkt so einkauft, dass jede andere Art und Weise der Nutzung des Atomprogrammes keinen Sinn mehr macht als für die Herstellung von Atomwaffen. Und das ist das, was extrem verdächtig ist.

Warum darf Israel Atomwaffen haben und Iran nicht?

Israel darf eigentlich auch keine Atomwaffen haben. Dass sie diese faktisch besitzen und keinerlei internationale Abkommen ratifizieren, ist nicht besonders beruhigend. Das Beste wäre natürlich, wenn kein Land im gesamten Nahen Osten Atomwaffen besäße. Allerdings gibt es einen zentralen Unterschied zwischen Israel und dem Iran: Noch nie hat ein israelisches Staatsoberhaupt einem anderen Land angedroht, es vernichten zu wollen. Und das ist im Fall von Ahmadinedschad ja bekanntermaßen anders.  

Omid Nouripour ist Abgeordneter des Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied in der deutsch-iranischen Parlamentariergruppe.

Das Gespräch führte Diana Hodali
Redaktion: Andrea Lueg