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Ahmadinedschad geht an die Arbeit

Peter Philipp3. August 2005

Schon vor seinem Amtseintritt hat Irans neuer Präsident Ahmadinedschad einen Vorgeschmack seiner Politik gegeben: Im Inland strebt er mehr Bescheidenheit an; dem Ausland wird er ein harter Verhandlungspartner sein.

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Pomp und Prunk mag er nicht: <br>Irans neuer PräsidentBild: AP

Der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, kam ins Schwärmen: Die Übertragung der Macht von einer Hand in die andere sei eine der "süßesten und besten Früchte des Islam und der Revolution". Bei einem Abschiedsempfang für Präsident Mohamad Khatami und dessen Kabinett gab Khamenei sich versöhnlich mit den Reformern, die nun ihren endgültigen Rückzug antreten: Jeder Minister erhielt noch einen Koran als Abschiedsgeschenk und dann wurde zum Abschiedsessen gebeten: Nicht an einer festlichen Tafel, sondern auf dem Teppich und äußerst spärlich.

Vielleicht ein erster Hinweis darauf, wie es künftig in Teheran zugehen wird: Pomp und Prunk sind verpönt. Statt dessen ist Bescheidenheit angesagt: Der neugewählte Präsdident, Mahmud Ahmadinedschad (48), macht es den anderen vor: Er tritt in Safari-Jacke auf statt im feinen Tuch, Designer-Accessoires sind bei ihm nicht zu finden.

Wohnungsbau

Und noch vor seinem offiziellen Dienstantritt am Mittwoch (3.8.2005) hat er begonnen, sein Programm durchzuziehen: So beschloss das Parlament bereits, zunächst auf drei Monate Kredite zum Erwerb von Wohnungen und Häusern zu gewähren, damit minder Bemittelte ihre Wohnungsnot lindern können. Wohnungsbesitzer, die eben noch aus Furcht vor Zwangsmaßnahmen einen Verfall der Immobilienpreise befürchteten, schöpfen neuen Mut: Mit den Krediten werde der Markt wieder in Bewegung kommen.

Wenig neuen Mut hingegen dürften die scheidenden Minister aufbringen: Sechs von ihnen sollen sich in nächster Zeit vor dem Parlament verantworten und keiner weiß, mit welchem Ausgang. Ahmadinejad hat offen der Korruption den Kampf angesagt. Auch wenn die Minister sich solches kaum vorwerfen lassen müssen: Es kann doch sein, dass sie Opfer einer "letzten Abrechnung" mit den Reformern werden.

Atomprogramm

Auch außenpolitisch wird Ahmadinejad deutlich neue Akzente setzen. Aber er wird damit offenbar die Hoffnung zerstören, dass Teheran mit der Rückeroberung der letzten Institution durch die Konservativen endlich mit einer Zunge sprechen wird. Das Hickhack mit den Europäern in der Atomfrage lässt genau das Gegenteil befürchten. Natürlich war klar, dass Ahmadinejad weniger noch als sein Vorgänger bereit sein würde, auf Irans Rechte in der Erforschung und Entwicklung von Atomenergie zu verzichten. Schon allein deswegen, weil das Nichtverbreitungsabkommen den Iran dazu nicht verpflichtet. Dass der Iran noch kurz vor der Amtseinführung Ahmedinedjads aber offiziell zumindest einen Teil der atomaren Aktivitäten wieder aufnimmt und das angekündigte Angebot der Europäer gar nicht erst abwartet, ist doch ein deutliches Zeichen dafür, dass unter dem neuen Präsidenten nicht einmal mehr der Anschein eines diplomatischeren Vorgehens erweckt werden soll.

Stattdessen ist forsches und selbstbewusstes Vorgehen groß geschrieben: Der Iran werde sich gegen amerikanische Pressionen und auch gegen einen denkbaren amerikanischen Angriff zu verteidigen wissen, orakelt Ahmadinejad und versucht die Reihen zu schließen. Weiß er doch genau, dass selbst Reformer im Iran äußeren Druck ablehnen und im Ernstfall Staatsräson beiseite lassen und in erster Linie Iraner sind.

Mit Chinas Hilfe

Aber auch gegenüber den Europäern wird Ahmadinejad einen härteren und entschlosseneren Kurs fahren. Dafür dürfte auch die Benennung des erzkonservativen bisherigen Fernsehchefs Ali Larijani zum neuen Außenminister beitragen. Und Europa ist hierfür zumindest mitverantwortlich: Es hatte auf Verhandlungen mit dem Iran bestanden, um den USA zu beweisen, dass man mit Diplomatie mehr erreichen kann als mit Säbelrasseln. Gleichzeitig meinte Europa aber offenbar, dass man Teheran mit Brosamen würde abspeisen könne - mehr Handel, Ersatzteile für Verkehrsflugzeuge und ähnliches mehr. Der Iran erwartete mehr. Als aber selbst das wenige nicht verbindlich zugesagt wurde, schritt Teheran zur Tat.

Der Iran kann es sich erlauben, Amerikaner und Europäer rüde zurückzuweisen. Wirtschaftlich gerät das Land dadurch nicht in die Isolation, denn Asien - und da besonders China - denkt nicht daran, seine Zusammenarbeit mit dem Iran zu reduzieren. Und China wird es letztlich auch sein, das den Plan der USA mit seinem Veto durchkreuzen dürfte, im UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen den Iran zu verhängen.