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AIDS-Aufklärung in der Teefabrik

Sandra Petersmann, Tansania18. Juli 2005

Tansania gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. AIDS ist hier neben Malaria die Haupttodesursache. Rund zwei Millionen Tansanier sind schon an AIDS gestorben. Eine Teefabrik geht neue Wege im Kampf gegen die Krankheit.

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Werbung für Kondome in TansaniaBild: Das Fotoarchiv

Die Teefabrik Wakulima ist umgeben von über 100 kleinen Dörfern, die alle von der Landwirtschaft leben. Die Familien bauen Bananen, Mangos, Bohnen und Avocados an. Aber ihr Geld verdienen sie mit den Exportschlagern Tee und Kaffee. Rund 16.000 Tee-Bauern im Distrikt Rungwe im Südwesten Tansanias haben sich zu einer Kooperative zusammengeschlossen. Sie beliefern die Fabrik exklusiv und besitzen 25 Prozent der Firmenanteile. Wakulima ist eng mit ihren Bauern verzahnt und spürt so, wenn etwas nicht stimmt, sagt Verwaltungschef John Mbogoni. "Egal, wo du hingehst, jede Familien ist von HIV betroffen", sagt der Verwaltungschef. Die Firma sei auch betroffen, die Gesundheitskosten stark gestiegen. "Wir haben so viele kranke Leute gesehen. So viele mussten ins Krankenhaus. Es trifft wirklich alle. Sogar meine eigene Familie. Ich habe auch Angehörige verloren. Wie kannst Du eine Teefabrik führen, wenn Du keine Leute hast? Wie können wir Tee produzieren, wenn unsere Bauern keine Teeblätter liefern?"

Große Verluste

Wakulima liefert den Tee zu garantierten Mindestpreisen an feste Vertragspartner in Europa. Aber der Gewinn durch fairen Handel ist auf Dauer nicht so groß wie der Verlust durch den tödlichen Virus. Die Fabrik habe sich deshalb entschlossen, etwas zu unternehmen. "Aber wir können unsere Bauern und Arbeiter ja nicht zwingen, zum AIDS-Test zu gehen und sich behandeln zu lassen. Das geht nur, wenn wir ihnen dafür auch etwas bieten können", sagt Mbogoni.

Straße ihn Tansania
Fast jede Familie ist von AIDS betroffenBild: Das Fotoarchiv

Praktische Aufklärung

In der Werkskantine erklärt die Fabrikarbeiterin Benedicta rund 30 ihrer Kollegen in der, wie sie ein Kondom vorsichtig aus seiner Verpackung lösen, ohne es kaputt zu machen. Dann nimmt die groß gewachsene Fabrikarbeiterin einen Holz-Penis in die Hand und rollt das Kondom gekonnt ab. Das Gummi muss fest sitzen, sagt die 35-jährige mit ernster Miene. Sie zieht prüfend am Zipfel des Kondoms. Die Männer grinsen, aber Benedicta redet ungerührt weiter.

Aufklärung nach dem Schneeballprinzip

Aufklärungsposter in einer Familienberatungsstelle in Tansania
Aufklärungsposter in einer Familienberatungsstelle in TansaniaBild: Reategui

Wakulima hat die Aufklärung über AIDS zur Firmenpolitik gemacht. Deutsche Entwicklungsorganisationen sorgen im Hintergrund dafür, dass vom Vorstand bis zum Teepflücker alle über HIV und AIDS Bescheid wissen. Erst mussten die Manager die Schulbank drücken, dann ausgewählte Angestellte wie Benedicta. Aufklärung nach dem Schneeballprinzip. Die Botschaft soll von der Chefetage bis in die Dörfer durchsickern.

"Kondome retten Leben"

In der Werkskantine fragt der 26-jährige Michael, ob das Kondom platzen kann. Benedicta und andere versuchen ihm klar zu machen, dass Kondome extrem dehnbar sind. Michael nickt zufrieden. "Ich habe keine Angst mehr, dass das Kondom reißt. Wenn ich mich an die Regeln halte, die auf der Packung stehen, dann kann nichts passieren. Wir sollten uns nicht schämen so was zu fragen. Sonst wartet der Tod auf uns. Kondome retten Leben", sagt Michael.

Die jungen Frauen reden alle durcheinander. Sie haben gerade zum ersten Mal vom Kondom für die Frau gehört und sind restlos begeistert. Die 25-jährige Bili hat gleich zwei eingesteckt. "Wenn es dem Mann egal ist, dann kann ich mich selber schützen", sagt Bili.

Aufklärung und Prävention als einziger Schutz

Der Kampf gegen den Virus hat gerade erst begonnen. Wenn alles gut läuft, soll die deutsch-tansanische Aufklärungsarbeit bei Wakulima in den nächsten beiden Jahren über 60.000 Menschen in den Dörfern rund um die Teefabrik erreichen. So lange es keinen Impfstoff gegen AIDS gibt, ist Aufklärung und Prävention der einzige Schutz vor neuen Infektionen. Verwaltungschef John Mbogoni glaubt an den Erfolg des Projekts. "Wir hoffen, dass sich die Situation in den nächsten beiden Jahren deutlich verbessert. Dann werden viele sicheren Sex haben. Sie werden wissen, wie sie sich schützen können. Und alle, die eine Vorahnung haben, werden in die Klinik gehen und sich testen und beraten lassen. Dann werden wir wissen, wie viele unserer Leute infiziert sind, und wie wir die Kranken richtig behandeln können, bis sie sterben."