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Aids-Forscher fordern Rücktritt von Gesundheitsministerin

6. September 2006

In einem offenen Brief an die südafrikanische Regierung fordern internationale Wissenschaftler den Rücktritt von Ministerin Manto Tshabalala-Msimang. Sie werfen ihr Unfähigkeit im Kampf gegen die HIV/Aids-Epidemie vor.

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Aids-Kranke in Südafrika: "Wir verurteilen alle, die von den Hoffnungen Todkranker profitieren"Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Berichten der Anti-Aids-Lobbygruppe TAC zufolge beschuldigt eine Gruppe von mehr als 80 Forschern die Gesundheitsministerin, unmoralische und unwirksame Praktiken bei der Aids-Bekämpfung anzuwenden. Sie verdiene deshalb keinerlei internationalen Respekt mehr. Unterzeichnet haben den Brief unter anderem der führende Aids-Forscher Robert Gallo und Nobelpreisträger David Baltimore. Eine offizielle Stellungnahme der Regierung Südafrikas blieb bisher aus.

Dr Robert Gallo, der HIV-Entdecker
Robert Gallo entdeckte in den 1980er Jahren den HI-VirusBild: picture-alliance / dpa

"Wir fordern die sofortige Absetzung von Doktor Tshabalala-Msimang als Gesundheitsministerin sowie ein Ende der katastrophalen, pseudo-wissenschaftlichen Politik, die die Antwort der südafrikanischen Regierung auf die HIV/Aids-Epidemie charakterisiert haben", so der Brief wörtlich. Baltimore erklärte, dass eine Ministerin, die international keinen Respekt mehr genieße, eine Zumutung für die Regierung sein müsse.

Wissenschaftlich zweifelhaft

Südafrika hat nach Indien die zweithöchste Rate an HIV-/Aidsfällen weltweit, von den 5,5 Millionen Infizierten sterben jeden Tag im Durchschnitt 800. Diesen Verhältnissen trete die Ministerin mit wissenschaftlich zweifelhaften Mitteln entgegen, so die Wissenschaftler. Die von ihr postulierte gute Ernährung zur Behandlung von HIV-Infektionen stelle keine vertretbare Alternative dar: "Es gibt keine wissenschaftlichen Ansatz, der derartige Ansichten unterstützt", heißt es in dem Schreiben.

Besorgt äußern sich die Kritiker auch über die Vermarktung unerprobter Medikamente, von denen einige mit Unterstützung des Gesundheitsministeriums verbreitet würden: "Wir verurteilen alle, die mit von Hoffnungen todkranker Menschen profitieren." Die Forscher betonen ausdrücklich, dass lebensverlängernde antiretrovirale Medikamente das einzige bekannte Mittel gegen die Folgen einer HIV-Infektion seien und beklagen, dass Tshabalala-Msimang die Wichtigkeit der Medikamente bestreite.

"Begriffsstutzig, zögerlich, nachlässig"

Stephen Lewis Der UN-Beauftragte für Aids in Afrika, UN. secretary-general's special envoy for HIV/AIDS in Africa
Stephen Lewis: "Nachlässige Behandlung von Aids"Bild: AP

Auf der Weltaidskonferenz in Toronto Ende August hatte Stephen Lewis, UN-Sonderbotschafter für den Kampf gegen Aids in Afrika Tshabalala-Msimang bereits heftig kritisiert.

"Südafrika ist die einzige Regierung auf dem Kontinent, die begriffsstutzig, zögerlich und nachlässig in Bezug auf die Behandlung von HIV/Aids ist. Es ist auch das einzige Land in Afrika, dessen Führung an Theorien festhält, die zu einem wahnsinnigen Außenseiter passen, nicht aber eine besorgte und mitfühlende Haltung reflektieren." (nje)