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Aigner fordert Konsequenzen aus Dioxinskandal

10. Januar 2011

Noch kann niemand genau sagen, wie das krebserregende Dioxin ins Tierfutter kam. Um den nächsten Skandal zu verhindern, will Agrarministerin Aigner nun die Futtermittelindustrie strenger in die Pflicht nehmen.

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Ein Warnschild steckt in einem Eierkarton (Foto: dpa)
Dioxin-Skandal: 558 Agrar-Betriebe sind noch gesperrtBild: Picture-Alliance/dpa

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner will als Konsequenz aus dem Skandal um Dioxin in Tiernahrung und Lebensmitteln die Kontrollen von Futtermittelbetrieben verschärfen. Geplant sei zudem die Verarbeitung von Futtermittelfetten und Industriefetten strenger zu trennen, so die Ministerin nach einem Treffen mit Vertretern der Landwirtschaft, Verbraucherorganisationen und Lebensmittelwirtschaft am Montag (10.01.2011) in Berlin. Zu überlegen sei auch, ob die allgemeine Belastung mit Dioxin besser überwacht werde. Die CSU-Politikerin sprach sich dafür aus, das Strafmaß für Verstöße gegen das Futtermittelrecht zu überprüfen.

"Schaden ist immens"

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (Foto: dpa)
Bundesverbraucherministerin Ilse AignerBild: picture alliance / dpa

Von der Futtermittelindustrie forderte Aigner "konkrete Vorschläge", wie weitere Dioxin-Fälle verhindert werden können. "Dieser Fall muss und er wird Konsequenzen haben", sagte sie. Auf Basis der nun zu erarbeitenden Vorschläge aus der Branche werde sie über Veränderungen entscheiden, kündigte Aigner an. Ein Punkt werde dabei auch die Frage der Zulassung von Betrieben sein. "Der entstandene Schaden ist immens", sagte die Ministerin. Nicht nur finanziell, sondern vor allem sei auch das Vertrauen der Verbraucher erschüttert. 558 Betriebe sind nach Ministeriumsangaben noch gesperrt. Generelle Entwarnung werde es erst geben, wenn der Fall aufgeklärt sei.

Woher kommt das Dioxin?

Ungeklärt ist nach den Worten Aigners weiterhin die Herkunft des Dioxins, das offenbar in industriellen Fetten enthalten war, die nach bisherigen Erkenntnisse von der Firma Harles und Jentzsch in Schleswig-Holstein Futterfetten beigemischt worden waren. Angaben der Verbraucherorganisation Foodwatch, die Dioxine stammten von Pestiziden, bezeichnete sie als Spekulation.

Eine Chemikerin untersucht eine Futtermittelprobe in einem Reagenzglas (Foto: dapd)
Die Herkunft des Dioxins ist weiter unklarBild: dapd

Foodwatch hatte erklärt, die hohe Dioxinbelastung ergebe sich "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" aus dem Muster einer Futterfett-Probe, die von dem Partnerunternehmen des im Fokus der Ermittlungen stehenden Betriebs Harles und Jentzsch stammt. Die Organisation gab an, die Analyse der Dioxin- und Furanverbindungen in der Probe weise auf Rückstände einer Pentachlorphenol-Verbindung hin, wie sie als Pilzgift eingesetzt werde. In Deutschland darf Pentachlorphenol seit 1986 nicht mehr produziert und seit 1989 nicht mehr gehandelt und angewendet werden.

Die analysierte Futterfett-Probe sei mit 123 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm belastet gewesen, so Foodwatch weiter. Der gesetzliche Höchstwert von 0,75 Nanogramm pro Kilo wäre damit um das 164-fache überschritten worden. Ein Sprecher des Kieler Landwirtschaftsministeriums erinnerte daran, dass diese sehr hoch belastete Probe von einer Charge Mischfettsäure stamme, die am 11. November bei Harles und Jentzsch eingegangen sei und von der Firma Petrotec aus Emden in Niedersachsen stamme. Harles und Jentzsch habe am 23. Dezember die Kieler Behörden informiert, was den jüngsten Dioxin-Skandal ins Rollen brachte.

Erneut zahlreiche Höfe gesperrt

Silos auf dem Firmengelaende des Futtermittelproduzenten Harles und Jentzsch (Foto: dapd)
Die Futtermittelfirma Harles und Jentzsch brachte den jüngsten Dioxin-Skandal ins RollenBild: dapd

Nach dem Auftauchen einer neuen Lieferliste aus Niedersachsen wurden in Nordrhein-Westfalen am Montag weitere 113 Agrarbetriebe wegen Dioxin-Verdachts gesperrt. Das sagte ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums in Düsseldorf. Damit sind nun wieder 160 Betriebe in dem Bundesland gesperrt - ihre Produkte dürfen nicht in den Handel gebracht werden. In Schleswig-Holstein sind noch 61 Betriebe gesperrt.

In Niedersachsen sind nach der vorsorglichen Sperrung tausender Höfe bisher nur in weniger als zehn Betrieben tatsächlich belastete Erzeugnisse gefunden worden. Dabei habe es sich nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in Hannover um Eier gehandelt, die alle vernichtet würden. In 1470 Betrieben laufen landesweit weiter Überprüfungen, rund 3000 gesperrte Höfe wurden am Wochenende wieder freigegeben.

Autor: Hajo Felten (rtr, dpa, afp, ap)
Redaktion: Herbert Peckmann