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Akajews Wirtschaftsimperium

14. April 2005

Das Parlament hat am 11. April den schriftlich erklärten Rücktritt von Präsident Askar Akajew angenommen und für den 10. Juli Neuwahlen angesetzt. Was geschieht nun mit dem angeblich gewaltigen Vermögen der Akajews?

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Ex-Präsident Akajew: Ließ er den Staat für sich arbeiten?Bild: dpa

Der kirgisische Menschenrechtsbeauftragte Tursunbaj Bakir uulu hat am Dienstag (12.4.) auf einer Pressekonferenz erklärt, das Vermögen des ehemaligen Präsidenten des Landes, Askar Akajew, und dessen Familienmitglieder, das sie sich gesetzwidrig angeeignet hätten, müsse jetzt Bedürftigen zugute kommen. Er sagte: "Die Menschen haben 14 Jahre lang in Armut ausgeharrt. Es steht ihnen zu. Die Revolution, wenn es wirklich eine Revolution ist, muss die Interessen der Menschen verteidigen, von denen sie in Gang gesetzt wurde."

Ermittlungen beginnen

Die neue kirgisische Führung hat bereits mehrere Gruppen aus Vertretern verschiedener Behörden gebildet, die feststellen sollen, woher die Gelder an die Familie Akajew flossen. An den Ermittlungen sind das Innenministerium, die Generalstaatsanwaltschaft, der Nationale Sicherheitsdienst und verschiedene Finanzbehörden beteiligt. Der amtierende stellvertretende Finanzminister Kirgisiens, Akylbek Schaparow, sagte: "Die Konten der Familie können zu einer neuen Einnahmequelle für den Staatshaushalt werden." Askar Akajew hatte bis zuletzt bestritten, seine Familie verfüge über gewaltiges Vermögen in Kirgisistan und im Ausland. Dem Ex-Präsidenten zufolge ist das ein "Mythos". Wie dem auch sei, die neue Staatsmacht des Landes muss dies nun klären.

Zeitung deckt auf

Die bekannte kirgisische Zeitung Moja stoliza – nowosti hatte noch unter Akajew gewagt, Artikel über das Vermögen der Präsidentenfamilie zu veröffentlichen. Das blieb für die Journalisten natürlich nicht ohne Folgen. Noch im Februar dieses Jahres hatte Akajew die beliebte Zeitung verklagt, weil sie angeblich eine gezielte Kampagne gegen ihn und seine Familie führe. Aber dann kam die Revolution und unter der neuen Staatsmacht droht der Zeitung nun kein Prozess mehr.

Kontrolle über ganze Wirtschaftszweige

Der Chefredakteur der Zeitung Moja stoliza – nowosti, Aleksandr Kim, sagte der Deutschen Welle, die Familie Akajew habe offiziell über kein gewaltiges Vermögen verfügt. Deklariert gewesen seien eine Vierzimmerwohnung, ein Mercedes Baujahr 96 und eine Datscha. Kim sagte: "Alle Geschäfte, die Akajew, seine Kinder, sein Schwiegersohn und andere Personen kontrollierten, waren auf Strohmänner angemeldet. Die gesamte Privatisierung des Staatseigentums, die ab 1998 vorgenommen wurde, also das gesamte Eigentum wurde auf Strohmänner übertragen. Heute kann man sagen, dass die Finanzen aller gewinnbringenden Betriebe, ja ganzer Wirtschaftszweige, die den Staatshaushalt finanzieren – die Lebensmittel-, Spirituosen-, Tabak- und Baustoffproduktion, die Luftfracht, die Goldförderung und der Tourismus – unter Kontrolle der Präsidentenfamilie waren."

Strohmänner auch in Staatsbetrieben

In das System waren Kim zufolge auch Staatsbetriebe eingebunden, die eigentlich für den Staatshaushalt arbeiten sollten. Der Chefredakteur sagte: "In Wirklichkeit wurden dort ‚verlässliche‘ Personen postiert, die dann die Gewinne nicht dem Staatshaushalt zugute kommen ließen, sondern der Präsidentenfamilie." Heute sei die neue Staatsführung mit dem Problem konfrontiert, dass diese Frage juristisch gesehen schlecht zu regeln sei und dass man die Präsidentenfamilie nicht zur Verantwortung ziehen könne. Kim unterstrich: "Man muss sie aber zur Verantwortung ziehen, dafür, dass sie für die Übernahme gewinnbringender Betriebe nichts gezahlt, die Steuern nicht komplett abgeführt und dem Land gewaltigen Schaden zugefügt haben. Heute ist das zu einer politischen Sache geworden. Die Menschen erfahren nun, warum das Land, das über reiche Ressourcen verfügt, am Rande des Bankrotts stand."

Stiftung als Geldwaschanlage

Auf die Frage, was sich hinter der Wohltätigkeitsstiftung Meerim verbirgt, die früher von Akajews Ehefrau geleitet wurde, sagte der Chefredakteur der kirgisischen Zeitung Moja stoliza – nowosti der Deutschen Welle: "Das war ein Deckmantel. Über die Stiftung wurden die Einnahmen gewaltigen Wodka- und Tabakschmuggels gewaschen, aber auch vieles andere, was hohe Gewinne brachte."

DW-RADIO/Russisch, 12.4.2005, Fokus Ost-Südost