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Politik

Ein Politiker voller Staatsgeheimnisse

Davoud Khodabakhsh
9. Januar 2017

Mit dem Tod Akbar Haschemi Rafsandschanis hat Irans Reformbewegung einen ihrer wichtigsten Unterstützer verloren. Er war ein Visionär der Islamischen Republik und hatte als gemäßigter Politiker Gegner und Unterstützer.

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Iran Akbar Haschemi Rafsandschani
Bild: Getty Images/AFP//A. Kenare

Als schlauer Taktiker und Stratege und als intelligenter Politiker und Unternehmer hat Akbar Haschemi Rafsandschani seit Bestehen der Islamischen Republik Iran stets bewiesen, dass er trotz Restriktionen, die die konservativen Kleriker gegen ihn auferlegt hatten, in den wichtigsten politischen Existenzphasen dieses Staates seinen Einfluss entscheidend ausüben konnte.

Mit eiserner Hand gegen die Oppositionellen im In- und Ausland und mit klugen Strategien gegen die konservativen Kleriker hat er oft für Überraschungen gesorgt und gezeigt, dass er der Mann für Krisensituationen war.

In den ersten 15 Jahren nach der Revolution war er - nach Staatsgründer Ayatollah Ruhollah Khomeini - der zweit-einflussreichste Staatsmann.

Wie kaum ein anderer war der 1934 in Bahreman, im Südosten des Landes, geborene Politiker sowohl seitens der nicht-religiösen Opposition als auch seitens rechts-konservativer Kleriker fast vier Jahrzehnte härtester Kritik ausgesetzt worden. Denn kein Politiker der Islamischen Republik hat sich in den ersten beiden Dekaden für die von Khomeini bestimmten Ziele eingesetzt wie er. Mit Raffinesse kämpfte Rafsandschani darum, die Allmacht des neugeborenen Staates zu etablieren, koste es was es wolle.

Iranische Führungsspitze 1994
Treffen der iranischen Führungsspitze 1994: der damalige Staatspräsident Rafsandschani (r.) und Ali Khamenei (2.v.r.) in TeheranBild: picture-alliance / dpa

Nach dem Tode Khomeinis im Jahr 1989 setzte er seinen Einfluss im Expertenrat fort. Der Rat war für die Wahl des neuen Führers der Islamischen Republik zuständig. Bis heute ist dies Ali Khamenei. Er wurde Nachfolger Khomeinis, obwohl er kein Rechtsgelehrter war, wie es die Verfassung vorgeschrieben hatte.

Rafsandschani selbst wurde im selben Jahr, 1989, zum Staatspräsident gewählt und hatte das Amt bis 1997 inne. Während der unerfahrene Führer Khamenei in vielerlei Hinsicht sich dem Einfluss des erfahrenen Rafsandschani beugen musste, baute sein Mentor seine Macht auf allen Bereichen des Staates aus.

Der Aufbau der Islamischen Republik

Nach der erfolgreichen Phase der politischen Etablierung des Staates und Zerschlagung jeder oppositionellen Bewegung, setzte sich Rafsandschani für den wirtschaftlichen Aufbau und die außenpolitische Öffnung ein, um das Land aus der internationalen Isolierung herauszuführen.

Die von ihm initiierte Privatisierung und freie Marktwirtschaft führte das Land in einen wirtschaftlichen Aufschwung, der eine neue soziale Mittelschicht samt ihren politischen Interessenvertretern hervorrief.

In seiner achtjährigen Präsidentschaft wurden einerseits dutzende Oppositionelle im In- und Ausland als Sicherheitsgefahr eingestuft und durch Agenten des Geheimdienstes ausgeschaltet. Weiterhin wurden er und seine Familienmitglieder jahrelang bezichtigt, sich durch Aufbau eines Rentierstaates bzw. durch Erdöl-Einkommen des Landes und internationale Handelsverträge bereichert zu haben.

Die durch den Präsidenten Mohammad Khatami (1997-2005) eingeführte Reformbewegung und die Ausweitung der Zivilgesellschaft, die circa acht Jahre dauerte, wären andererseits ohne politische und finanzielle Unterstützung Rafsandschanis kaum möglich gewesen. Ab dieser Zeit setzte sich Rafsandschani konsequent für die Reformer und gegen den höchst aufgebrachten Führer Khamenei eingesetzt, ohne seine Abwendung von der Autorität des Führers zu signalisieren.

Reformbewegung: Ein zweischneidiges Schwert für Rafsandschani

Auch unter der Reformregierung litt die Zivilgesellschaft unter Repressionen, die dieses Mal viel mehr durch die konservative Justiz und die radikale Revolutionswächter initiiert wurden, um die gesunkene Autorität des Führers Khamenei zu untermauern.

Nachdem Rafsandschani die Präsidentschaftswahlen 2005 gegen den Rivalen Mahmoud Ahmadinedschad verlor, beschwerte er sich wegen eindeutigen Wahlmanipulationen beim Wächterrat. Ohne Erfolg zog er sich zurück. Er und seine Familie wurden vier Jahre lang Zielscheibe verschiedener Verleumdungen.

Der von den Konservativen ins Abseits gedrängte Rafsandschani setzte sich bei den nächsten Präsidentschaftswahlen von 2009 vehement für den Kandidaten Mir-Hossein Mussavi ein, und unterstützte anschließend die "Grüne Protest-Bewegung" gegen die angeblichen Wahlmanipulationen. In seiner letzten Freitagspredigt kritisierte er den Staatsführer Khamenei, worauf er keine Freitagsreden mehr halten durfte. Sein letzter politischer Triumph war der Sieg Hassan Rohanis bei der Präsidentschaftswahl 2014, der der geschwächten Reformbewegung weiteren Schwung verlieh.

Rafsandschani musste erleben, dass seine Tochter und sein Sohn ins Gefängnis eines Staates gesteckt wurden, den er selbst erschaffen hatte. In seinen mehrbändigen Memoiren bedauerte er einerseits den zu harten Umgang des Staates mit der Opposition, richtete aber andererseits Warnsignale gegen seine konservativen Rivalen, eines Tages, den Tresor seiner Staatsgeheimnisse zu öffnen und die Gräueltaten dieser zu entlarven.

Akbar Haschemi Rafsandschani starb am 8. Januar im Alter von 82 Jahren in Teheran.