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Aktenvernichtung auf Befehl

Marcel Fürstenau19. Juli 2012

Der Verfassungsschutz hat Unterlagen zur Neonazi-Szene geschreddert. Das empörte den Untersuchungsausschuss, der sich zur einer Sondersitzung traf. Bei dem Treffen gab es weiteren Anlass zur Kritik.

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Geschredderte Papierfetzen, darüber die Aufschrift "Top Secret", symbolisieren die Vernichtung von Akten.
Bild: Fotolia/Foto-Ruhrgebiet

Eigentlich wollte der parlamentarische Untersuchungsausschuss am Donnerstag in Berlin erfahren, warum am 11. und 13. November 2011 Akten des Verfassungsschutzes zur rechtsextremistischen Szene in Thüringen vernichtet wurden. In diesem Milieu hatten sich lange Zeit die Mitglieder des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) bewegt.

Der Terrorgruppe werden zehn Morde im Zeitraum von 2000 bis 2007 zur Last gelegt. Acht Opfer hatten türkische Wurzeln, eins griechische. Die ursprüngliche Tagesordnung des Bundestagsausschusses geriet dann aber durch eine neue Information durcheinander. Die Obleute aller im Bundestag vertretenen Fraktionen erfuhren in ihrer Sitzung hinter verschlossenen Türen von einer weiteren aus ihrer Sicht unfassbaren Aktion. Demnach wurden am 14. November vergangenen Jahres Akten zum Thema Rechtsextremismus vernichtet – auf Anordnung des Bundesinnenministeriums.

Abgeordnete sind "fassungslos"

"Ich bin fassungslos", reagierten Petra Pau von der Linken und der Liberale Hartfried Wolff unisono. Die sozialdemokratische Obfrau im Untersuchungsausschuss, Eva Högl, bezeichnete die Maßnahme als "Skandal". Es sei dringend erforderlich, bei Bund und Ländern Aktenvernichtungen zu stoppen, sind sich die Mitglieder des seit Februar tagenden Gremiums einig. Es will herausbekommen, warum die rechtsextremistisch motivierte Mordserie des NSU so lange unentdeckt bleiben konnte.

"Die Behörden sind inzwischen sehr sensibel"

Markus Beyer, Sprecher des Innenministeriums und zuständig für den Bereich öffentliche Sicherheit, bestätigte die nun bekannt gewordene Vernichtungsaktion. Die Akten hätten aber nichts mit der NSU-Terrorgruppe zu tun gehabt. Es habe sich um Anlagen zu Abhörprotokollen von Telefongesprächen im Bereich Rechtsextremismus gehandelt, bestätigte er eine Meldung der Deutschen Presseagentur.

Die Akten seien routinemäßig gelöscht, vorher aber nochmals inhaltlich überprüft worden, ergänzte Beyer im Gespräch mit der Deutschen Welle. Dass die Aktion kurz nach dem Auffliegen des NSU erfolgte, sei ein zeitlicher Zufall. Hätte es inhaltliche Bezüge zur NSU gegeben, wären die Akten nicht vernichtet worden, betonte Beyer. „Da sind die Behörden inzwischen sehr sensibel.“