1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nullzinsen treiben Aktien

Rolf Wenkel7. Mai 2013

Die Eurokrise ist noch lange nicht überwunden, trotzdem klettern die Aktienkurse auf Rekordhöhen. Der Deutsche Aktienindex erreicht ein neues Allzeithoch. Der Grund ist simpel: Es gibt kaum Alternativen für Anleger.

https://p.dw.com/p/18Suf
Die Anzeigetafel für den DAX spiegelt sich am 06.05.2013 in der Börse in Frankfurt am Main (Hessen) in Plexiglas mit der Aufschrift "DAX". Der Index war zunächst auf ein Jahreshoch geklettert, dann aber wieder leicht gefallen. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
DAX Index Jahreshoch Börse in Frankfurt am Main 06.05.2013Bild: picture-alliance/dpa

Anleger in Deutschland haben zunehmend ein Problem: Ihre Ersparnisse verlieren ständig an Wert. Seit der Finanzmarktkrise 2008/2009 deponieren viele Anleger ihr Geld vor allem auf dem Tagesgeldkonto, obwohl die Zinsen sinken. Anlagen an den Wertpapiermärkten sind für die meisten Anleger so etwas wie Abenteuersport - besser, man lässt die Finger davon.

Zwar hat der Deutsche Aktienindex DAX im letzten Jahr fast 30 Prozent zugelegt, aber die Deutschen sind misstrauisch: Sind 30 Prozent Zuwachs nicht die ersten Anzeichen einer Blase? Und was wird aus Staatsanleihen, wenn die Eurokrise wieder aufflammt? Verhaltensökonomen finden für diese Haltung eine einfache Erklärung: Wenn Anleger sich für ein Investment entscheiden sollen, sie aber durch viele widersprüchliche Informationen verunsichert sind, schieben sie die Entscheidung auf - und lassen ihr Geld auf einem täglich kündbaren Konto.

In der Realzinsfalle

Allerdings: Bei niedrigen Zinsen wird das Aussitzen auf Dauer einfach zu teuer. Etwa zwei Billionen Euro waren Ende September 2012 in Sicht-, Termin- oder Spareinlagen angelegt, so die Statistik der Deutschen Bundesbank. Das sind annähernd 41 Prozent des Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland. Ende 2002 lag dieser Anteil nur bei knapp 36 Prozent, obwohl die Sparzinsen damals deutlich höher waren.

In der Vergangenheit blieb vom Zinsertrag nach Abzug der Inflation in der Regel ein positiver Realzins übrig. Also konnte man mit dem Tagesgeldkonto oder mit Bundesschatzbriefen den Kaufkraftverlust ausgleichen und sein Vermögen zumindest langsam mehren. Heute ist das kaum noch zu schaffen, denn die Zinsen sind einfach zu niedrig.

Durchschnittlich 0,6 Prozent ­Zinsen warfen täglich verfügbare Einlagen Ende Dezember 2012 nach Daten der Bundesbank ab - vor Abzug der Abgeltungsteuer. Für viele Anleger heißt das: Sie stecken mit ihrem Ersparten in einer so genannten Realzinsfalle, weil sie die Inflation nicht mehr ausgleichen können.

Notausgang Aktienmarkt

Kein Wunder, dass kühle Rechner versuchen, dieser Falle zu entkommen. Aber wie? Sein Geld in prächtig verzinste spanische oder italienische Anleihen zu stecken ist für viele nicht wirklich attraktiv, für deutsche Anleihen muss man fast schon Geld draufzahlen, Gold bringt keinerlei Zinsen und hat seine Höchststände auch schon hinter sich - da bleibt nicht mehr viel an Alternativen übrig.

Und eine davon heißt Aktien. Kein Wunder, dass auch die Aktienkurse in Deutschland ein Rekordhoch nach dem anderen erklimmen, obwohl dies wirklich nicht die beliebteste Anlageform der Deutschen ist. Die anhaltende Geldschwemme der Notenbanken dränge immer mehr Investoren in Aktien, weil andere Anlageklassen wie etwa Anleihen kaum noch etwas abwerfen, sagen Börsianer.

Wie lange noch?

Die US-Notenbank Fed und die Bank von Japan (BoJ) pumpen mit ihren Anleihe-Käufen monatlich etliche Milliarden frischen Geldes in die Finanzmärkte. Und die Europäische Zentralbank (EZB) hat gerade erst den Leitzins auf rekordniedrige 0,5 Prozent gesenkt. Große Versicherer, Banken und institutionelle Anleger können gar nicht anders, als das Geld in Aktien zu investieren.

Einige Beobachter raten allerdings schon dazu, diesen Aktienboom mit Vorsicht zu genießen: "Wir bauen Crash-Potenzial für den Herbst auf. Die Realwirtschaft hält mit den Kapitalmärkten nicht mit", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den Marktanalysten Giuseppe Amato vom Brokerhaus Lang & Schwarz. Andere Beobachter raten eher dazu, die Nerven zu behalten. Ihr Argument: So lange es die Schuldenkrise in Europa gebe, so lange bliebe die Realzinsfalle bestehen. Und wer zweifelt schon daran, dass uns die Schuldenkrise in Euroland noch lange erhalten bleibt?