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Aktion "Saubere Handys"

Rebecca Hillauer30. Mai 2012

Im Kongo machen Rebellen illegale Geschäfte mit einem Metall, das in Mobiltelefonen verwendet wird. Die katholische Hilfsorganisation missio fordert nun die Handy-Hersteller zu einem fairen Handel mit dem Rohstoff auf.

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Ein Geschäftsmann im Anzug sitzt auf Gartenstühlen in einem Biergarten mit Akten und Laptop auf dem Tisch und telefoniert mit einem Mobiltelefon (Foto: dpa)
Handys und Laptop - die mobile Kommunikation ist von seltenen Erzen wie Tantal abhängigBild: picture-alliance/ZB

"Das große Problem ist, dass es auf dem Land immer noch Rebellen gibt, die die Menschen terrorisieren - und dazu benutzen sie die Bodenschätze", sagt der Priester Justin Nkunzi Baciyunjuze. Der Ko-Autor der Menschenrechtsstudie "Kongo: Eine Bilanz der Gewalt" weiß, die Milizen beuten die Rohstoffe illegal aus und verwenden den Erlös, um Waffen zu kaufen, mit denen sie dann Krieg gegen ihre Landsleute führen. "Dieser Krieg findet vor allem in den Gebieten statt, in denen der Boden besonders reich ist."

Priester Justin Nkunzi Baciyunjuze, Vorstand des Ausschusses für Gerechtigkeit und Frieden der Erzdiözese von Bukavu (Foto: missio)
Priester Justin Nkunzi Baciyunjuze fordert ein Zertifikat über die Herkunft der Rohstoffe für die HandyproduktionBild: missio/Bettina Flitner

Vergewaltigungen und Zwangsarbeit

Als Beauftragter für Menschenrechte leitet Pfarrer Justin, ein stämmiger Mann mit rundem Gesicht und wachen Augen, den Ausschuss für Gerechtigkeit und Frieden der Erzdiözese von Bukavu. Die Stadt im Osten des Kongo liegt nahe der Rebellengebiete, in denen auch zehn Jahre nach dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs noch kein stabiler Friede herrscht. In den Dörfern sind die Menschen Übergriffen hilflos ausgeliefert. Die Rebellen vergewaltigen Frauen und Mädchen auf brutalste Art und Weise. Und die Männer und Jungen zwingen sie dazu, die Rohstoffe für sie aus der Erde zu holen. "Wir nennen sie Blutmineralien", erzählt Pfarrer Justin, "weil man sie nur mit Gewalt und dem Leiden der Menschen vor Ort bekommen."

Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen erwirtschaften die Milizen mit dem illegalen Handel jährlich bis zu 225 Mio. US-Dollar. Ausgebeutet wird auch das Erz Coltan, aus dem das seltene Tantal gewonnen wird. Dieses Metall wird in Kondensatoren von Digitalkameras, Laptops und Mobiltelefonen verwendet. Pfarrer Justin fordert, dass die Staaten von den Handy-Herstellern ein Zertifikat über den Ursprung ihrer verwendeten Rohstoffe verlangen. Die Einfuhr von so genannten Blutmineralien müsse verboten werden, meint er.

Schwer bewaffnete Rebellen in Nord-Kivu, im Kongo. In der Erde des Kongo lagern Gold und Kupfer, Bauxit und Koltan. Gerade Koltan ist wegen seiner Verwendung beim Bau von Mobiltelefonen immer stärker gefragt. (Foto: dpa)
Mehrere Rebellengruppen im Kongo finanzieren ihre Waffen und ihren Kampf mit dem illegalen Abbau von MineralienBild: picture alliance/dpa

Gewehrkugel für Kirchenmann

Ein Bericht der Vereinten Nationen hat diese Missstände bereits vor zehn Jahren angeprangert – doch der illegale Handel mit den Mineralien floriert weiter. Die katholische Hilfsorganisation missio hat deshalb in Deutschland die Unterschriftenaktion "Saubere Handys" ins Leben gerufen. Sie fordert führende Handy-Hersteller auf, dafür zu sorgen, dass für ihre Produkte kein "Blut-Tantal" aus dem Kongo verwendet wird. Pfarrer Justin hat mit Unterstützung von missio in den Rebellengebieten 16 Trauma-Zentren für Vergewaltigungsopfer aufgebaut. Zudem klärt er die Bevölkerung über das Geschäft mit den "Blutmineralien" auf. Die Profiteure sehen das offenbar nicht gern. Der Kirchenmann entging nur knapp einer Gewehrkugel.

Hoffnung auf internationale Gemeinschaft

Pfarrer Justin setzt seine Arbeit trotzdem fort. Er weiß die einheimische Bevölkerung hinter sich. "Die kongolesische Regierung fängt auch langsam an, sich des Problems anzunehmen." Darüber hinaus setzt Pfarrer Justin darauf, dass die internationale Gemeinschaft, die die Werte von Demokratie und Transparenz so hoch hält, endlich etwas unternehmen wird. Sein Wunschtraum ist es, "dass ein demokratisches Land wie Deutschland ein Gesetz erlässt, das nur noch den Import von zertifizierten Mineralien erlaubt."

Der Priester hofft, dass die Aktion "Saubere Handys" die Konsumenten wach rüttelt – und sie dann Druck ausüben auf die Handy-Hersteller, damit diese ihre Einkaufspolitik ändern und einen fairen Handel mit Rohstoffen betreiben. Wenn zum Beispiel ein Vertreter von Nokia in den Kongo reisen und dort mit den Menschen sprechen würde, um sich vom Wahrheitsgehalt der missio-Kampagne zu überzeugen - das wäre für Pfarrer Justin schon ein großer Erfolg. "Ein Sprichwort sagt, nach dem Regen kommt die Sonne", meint er gelassen. Und hofft, dass es so eines Tages auch im Kongo wieder sein wird.

Eine junge Frau telefoniert mit dem Handy (Foto: fotogestoeber)
Handys gehören in den Industrienationen zum Alltag - kaum jemand weiß von der Herkunft der RohstoffeBild: Fotolia/fotogestoeber