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Al-Baschir reist unbehelligt in den Tschad

23. Juli 2010

Trotz internationalen Haftbefehls ist der sudanesische Präsident al-Baschir in den Tschad gereist und hat damit seine Kritiker düpiert. Menschenrechtler fordern seine Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof.

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Sudans Präsident Omar al-Baschir (Foto: dpa)
Seit 2009 per Haftbefehl international gesucht: Omar al-BaschirBild: AP

Der wegen Kriegsverbrechen und Völkermords per Haftbefehl gesuchte Präsident des Sudan ist am Mittwoch (21.07.2010) ins Nachbarland Tschad gereist. Ómar al-Baschir wurde auf dem Flughafen der Hauptstadt N'Djamena persönlich von Staatschef Idriss Deby Itno begrüßt. Dessen Regierung erklärte, sie werde ihren sudanesischen Gast nicht festnehmen. Dabei gehört der Tschad zu den Unterzeichnern des sogenannten Rom-Statuts, der Gründungsakte des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) im niederländischen Den Haag. Damit ist das Land theoretisch verpflichtet, Haftbefehle auf seinem Territorium durchzuführen und einen Verdächtigen auszuliefern.

Tschad folgt der Position der AU

Eine Reihe marschierender Kindersoldaten im Sudan (Foto: AP)
Auch Kindersoldaten werden in Konflikten im Sudan eingesetztBild: AP

Dagegen erklärte der tschadische Innenminister Ahmat Mahamat Bachir, al-Baschir werde nicht festgenommen, weil sein Land "ein souveräner und unabhängiger Staat" sei. "Wir hängen nicht von Befehlen internationaler Einrichtungen ab", fügte der Minister hinzu. Man richte sich nach der Position der Afrikanischen Union (AU), die Baschir nicht an den IStGH ausliefern will. Der sudanesische Präsident werde nach seinem Besuch wohlbehalten in seine Heimat zurückkehren. Tatsächlich hatte die AU ihren Mitgliedsstaaten empfohlen, das internationale Tribunal zu boykottieren. Es führe bislang ausschließlich Ermittlungen gegen afrikanische Staatsbürger und diskriminiere somit den afrikanischen Kontinent, heisst es in der Begründung.

Dies ist das erste Mal seit der Ausstellung des internationalen Haftbefehls gegen den sudanesischen Präsidenten im März 2009, dass dieser in ein Land reist, das eigentlich die Rechtsprechung des Tribunals anerkennt. Ein IStGH-Sprecher erklärte dazu in Den Haag, der Tschad habe die Verpflichtung, mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International forderten den Tschad auf, Al-Baschir auszuliefern und beklagten gleichzeitig die Machtlosigkeit des Gerichtshofs.

Besuch im Tschad als Beziehungspflege

Sudans Präsidenten Omar al-Baschir (links) und Chefankläger des Tribunals, Luis Moreno-Ocampo jeweils im Portrait (Foto: ap)
Sudans Präsident al-Baschir wird von Chefankläger Luis Moreno-Ocampo gesuchtBild: AP/Montage DW

Al-Baschir selbst begründete seinen Besuch im Tschad mit dem Versuch nach einigen Meinungsverschiedenheiten ein neues Kapitel in den Beziehungen zum Tschad aufschlagen zu wollen. Mitte Januar 2010 hatten der Sudan und der Tschad nach fünf Jahren Krieg zwischen Rebellen ein Grenzabkommen geschlossen. Seither hatten sich die Beziehungen beider Länder entspannt. Al-Baschir erklärte, er wolle nach seinem Staatsbesuch zu einem Gipfel der Sahel-Sahara-Staaten weiterreisen.

Das Gericht in Den Haag wirft dem sudanesischen Präsidenten Völkermord, Vergewaltigung, Folter und Mord in der Krisenregion Darfur vor. Die Vereinten Nationen schätzen, dass der Konflikt seit 2003 rund 300.000 Menschen das Leben gekostet hat. Weitere 2,7 Millionen seien aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Rebellen in Darfur dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Autorin: Stephanie Gebert (afp, ap, rt)

Redaktion: Katrin Ogunsade