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Al-Dschafari soll irakischer Regierungschef bleiben

12. Februar 2006

Wenn es nach den Schiiten im Irak geht, soll der alte Regierungschef auch der neue sein: Ibrahim al-Dschafari. Die Vereinigte Irakische Allianz kürte ihn zum Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten.

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Zweite Amtszeit für Al-Dschafari?Bild: AP

Sollte jetzt noch das Parlament der Nominierung der Vereinigten Irakischen Allianz zustimmen, würde Al-Dschafari seine zweite Amtszeit antreten. Vor fast genau einem Jahr wurde er zum ersten Mal nominiert. Die Glückwünsche seines Herausforderers, Vizepräsident Adel Abdel Mahdi, quittierte der 55-jährige Al-Dschafari lakonisch: "Sie sollten mir lieber kondolieren" - denn er stehe vor einer "schwierigen Aufgabe", sagte Al-Dschafari am Sonntag (12.2.2006).

Angeschlagener Ruf bei den Sunniten

Der 1947 in der Pilgerstadt Kerbela geborene Al-Dschafari ist Vorsitzender der schiitischen Dawa-Partei. Während der Herrschaft des Saddam-Regimes verbrachte er Jahrzehnte im Exil. Nach dem Sturz des Regimes war er zunächst Vize-Präsident in der von den Amerikanern eingesetzten Übergangsregierung. Er trat als Mann des Ausgleichs mit den Sunniten an, ist aber unter anderem wegen Misshandlungen von Sunniten durch die Sicherheitskräfte in die Kritik geraten

Politik des Ausgleichs

Al-Dschafari ist es nach eigenem Bekunden wichtig, dass die Schiiten nach jahrhundertelanger Unterdrückung nicht anderen religiösen oder ethnischen Gruppen ihren Willen aufzwingen. Eine weitere große Herausforderung sieht er in der Stabilisierung der Sicherheitslage seines Landes.

Glaubwürdigkeit bezieht er dabei aus seiner Vergangenheit als Oppositioneller und Exilpolitiker unter Saddam Hussein. 1966 trat er der 1957 gegründete Dawa bei, die seit den 1970er Jahren auch militant gegen die von der Baath-Partei dominierte Regierung vorging. Zugleich steht die Dawa für eine islamische Reformpolitik und eine Modernisierung religiöser Institutionen.

Leben im Exil

Mit der vollen Aufnahme des bewaffneten Widerstands gegen die Regierung von Saddam Hussein begann die Dawa-Partei Anfang der 1980er Jahre, als der Irak einen zermürbenden Stellungskrieg gegen seinen Nachbarn Iran führte. Saddam Hussein ging gnadenlos gegen Dawa-Anhänger vor. Mehr als 75.000 Mitglieder wurden zwischen 1982 und 1984 getötet. Al-Dschafari setzte sich 1980 vor politischer Verfolgung in den Iran ab, wo er enge Beziehungen knüpfte, die ihm seine Gegner noch heute vorwerfen.

Im Jahr 1989 zog der fünffache Vater schließlich nach London. Dort war er als Sprecher der Dawa-Partei in Großbritannien aktiv. Nach dem Einmarsch der US-geführten Truppen in den Irak im März 2003 gehörte der gelernte Arzt zu den ersten Exilpolitikern, die in ihr Heimatland zurückkehrten. Schon im August 2003 machte die Verwaltung der US-Besatzer ihn zum ersten Vorsitzenden des neu eingerichteten irakischen Regierungsrates.

Knappes Ergebnis

Die irakische Nationalversammlung
Die irakische NationalversammlungBild: picture-alliance/dpa

Al-Dschafari setzte sich am Sonntag (12.2.) bei einer Abstimmung der Abgeordneten der religiösen Schiiten-Allianz knapp gegen seinen Rivalen Adel Abdul Mahdi vom Hohen Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) durch. Auf Al-Dschafari entfielen 64 Stimmen. Abdul Mahdi erhielt 63 Stimmen. Dieser betonte, die Abstimmung habe gezeigt, dass die Allianz demokratisch und professionell sei.

Al-Dschafari muss jetzt in Abstimmung mit den kleineren Fraktionen, die sich ebenfalls an der Regierung beteiligen sollen, die Mitglieder des neuen Kabinetts auswählen. Zu den umstrittensten Ministern seiner Übergangsregierung gehört Innenminister Bajan Bakr Solagh, ein Mitglied von Al-Dschafaris Dawa-Partei.

Die Iraker hatten am 15. Dezember ein neues Parlament gewählt. Die religiöse Schiiten-Allianz besetzte damals 128 der insgesamt 275 Sitze. Auf Platz Zwei landete das kurdische Wahlbündnis mit 53 Sitzen, gefolgt von der sunnitischen Konsensfront mit 44 Sitzen. Die Plätze Vier und Fünf belegten das Bündnis des säkularen Schiiten Ijad Allawi und die sunnitische Dialog-Front. (chr)