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Libyen Al Kaida

14. April 2011

Eine neue Sorge begleitet den Libyen-Konflikt: Militante Islamisten sollen an der Oppositionsseite gegen das Regime kämpfen. Für Experten ist das nicht das größte Problem. Sie warnen vielmehr vor der Propaganda Gaddafis.

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Ein mit einer Flagge Libyens bedeckter Mann (Bild: dapd)
"Al Kaida ist in Libyen ein marginales Phänomen"Bild: dapd

Die Kämpfe zwischen den Streitkräften des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi und denen der Opposition dauern seit Wochen an. Die Nachbarländer Libyens beobachten die Lage mit großer Sorge. Das algerische Außenministerium zum Beispiel sorgt sich vor einer "Verstärkung der Präsenz von Al Kaida im islamischen Maghreb und der Verbreitung von Waffen in Libyen". Zahlreiche Beobachter warnten unmittelbar nach dem Ausbruch der Revolution davor, dass die Waffenlager in Libyen nun offen für Plünderungen seien.

Gefahr Al Kaidas marginal

Vier Männer verbeugen sich auf dem Boden kniend(Bild: dpad)
Libysche Rebellen beten in der Nähe von Bin JawaadBild: AP

Laut Medienberichten ist es Al Kaida im März gelungen, mittelschwere Waffen aus den Lagern der libyschen Armee zu entwenden. Die Terroristen kamen mit einer Wagenkolonne aus Mali ins Land und brachten die Waffen in ihre Verstecke in Ländern südlich von Libyen. Aber wie groß ist die tatsächliche Gefahr, die von Al Kaida-Aktivitäten ausgeht? Von Mitgliedern der Organisation aus dem Irak oder Afghanistan? Asiem El Difraoui, Experte für Islamismus von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, sieht die Terroristen nicht als große Bedrohung an: "Al Kaida ist in Libyen ein marginales Phänomen. Es gibt sie, aber sie sind nicht gefährlich für die gesamtlibysche Situation. Da geht es um ganz andere Dinge."

Andere Dinge, wie der Propagandakrieg des Gaddafi-Regimes, der parallel zu den Kämpfen in Libyen geführt wird. So sieht es zumindest Mohammed Al Zarief, Islamismus-Forscher an der Casablanca Universität in Marokko. Der Wissenschaftler betont, dass die Präsenz von Al Kaida in Libyen durch das Gaddafi-Regime bewusst übertrieben werde. "Das libysche Regime nutzt Al Kaida als ein Schreckgespenst, um Druck auf die internationale Gemeinde auszuüben und sie von der Unterstützung der Rebellen abzuhalten." Deshalb sei die Mehrheit aus gutem Grund mit den Vorwürfen Gaddafis, die Rebellen seien Mitglieder Al Kaidas, zurückhaltend umgegangen.

Nähe zu Al Kaida unerwünscht

Gaddafi sitzt in einem Auto (Bild: dapd)
Gaddafi in einem Auto in TripolisBild: AP

Laut Al Zarief müsse zwischen Al Kaida und den libyschen Islamisten unterschieden werden. In Libyen gehe es vielmehr um Mitglieder der sogenannten "islamischen Kampfverbände" – einer islamistischen Vereinigung, die 1990 einen gescheiterten Putschversuch gegen Gaddafi unternommen hat. Das Regime hat die Gruppe verboten und eine große Zahl ihrer Mitglieder ins Gefängnis gesteckt. Zwei Jahrzehnte später hat sich Gaddafi mit der Gruppe versöhnt und ihr eine Generalamnestie gewährt. Seit Ausbruch der Revolte kämpfen diese "islamischen Kampfverbände" allerdings wieder an der Seite der Rebellen gegen Gaddafi-treue Truppen. Deshalb vermutet Al Zarief andere Gründe für die übertriebene Darstellung der Al Kaida-Gefahr durch Gaddafis Propaganda. Es gehe darum, "die Rebellen in die Ecke zu drängen und den Westen zu irgendeinem Kompromiss mit dem Regime zu bewegen", vermutet der Islamismus-Forscher.

Außerdem versicherte die libysche Opposition, dass diese Kämpfer ihre Waffen ablegen würden, sobald Gaddafi besiegt sei. Asiem El Difraoui von der Stiftung Wissenschaft und Politik ist auch der Meinung, dass eine Verbindung zwischen den libyschen "islamischen Kampfverbänden" und Al Kaida momentan nur negative Folgen für die Rebellen hätte. "Sie wissen natürlich, dass sie sonst eine Public-Relations-Katastrophe auslösen." Deshalb sei es auch unwahrscheinlich, dass sich die Kämpfer in Zukunft mit Al Kaida verbündeten. Denn sie wüssten selbst, dass sie sich damit nur selber schadeten.

Autor: Yasser Abumuailek

Redaktion: Lina Hoffmann / Jan-Philipp Scholz