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Pro Europa

30. April 2009

Tirana hat offiziell den EU-Aufnahmeantrag eingereicht. Die EU-Kommission begrüßte die Bewerbung, stellt allerdings keinen baldigen Beitritt in Aussicht. Auch Berlin reagierte zurückhaltend.

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Bild: DW / Aida Cama

Albaniens Premier Sali Berisha hat dem Präsidenten des EU-Ratspräsidiums, Mirek Topolanek, in Prag einen Brief übergeben, mit dem das Land sich offiziell um den Kandidatenstatus für eine EU-Aufnahme bewirbt. Der Antrag stützt sich auf Artikel 49 des EU-Vertrages, der vorsieht, dass jeder europäische Staat, der Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit achtet, Mitglied in der Union werden kann. Albanien hält sich für reif, diesen Schritt zu wagen, nachdem es bereits 2006 ein Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen mit der EU unterzeichnet hatte, das mittlerweile auch von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde. Ferner fühlte sich Albanien zu dem Schritt ermutigt, nachdem es Anfang April in die NATO aufgenommen worden war.

Defizit Rechtsstaatlichkeit

Die EU-Kommission begrüßte die Bewerbung. Albanien habe Fortschritte bei den entscheidenden politischen Reformen gemacht, sagte der Generaldirektor für Erweiterung, Michel Leigh. Defizite gebe es vor allem noch bei der Rechtsstaatlichkeit. Als nächsten Schritt müssen nun die 27 EU-Außenminister die Kommission auffordern, eine Einschätzung zu erarbeiten. Danach entscheiden erneut die Außenminister, ob Albanien der Kandidaten-Status zuerkannt wird.

Beobachter werten den aktuellen Antrag als Versuch Berishas, im Vorwahlkampf einen Trumpf auszuspielen, obwohl allen Beteiligten bewusst ist, dass weder Albanien noch die EU bereits jetzt für eine neue Erweiterungsrunde bereit stehen. Im Juni werden in Albanien Parlamentswahlen stattfinden, und Berisha kämpft um seine Wiederwahl.

Zurückhaltung in Berlin

Der Pressesprecher des Bundesaußenministeriums reagierte reserviert, wenn auch positiv auf den Antrag. Jens Plötner erklärte in Berlin, dass Albanien noch einen langen Weg zu einer Vollmitgliedschaft zurückzulegen habe. Er fügte hinzu, dass zunächst die EU-Mitgliedsstaaten in den zuständigen Instanzen den Antrag behandeln würden. Der Beginn von Verhandlungen hänge von einer gründlichen Prüfung durch die einzelnen EU-Staaten ab, erklärte Plötner gegenüber der Deutschen Welle. Er fügte hinzu, die Glaubwürdigkeit der EU müsse gewährleistet sein. Deshalb müssten Kandidaten im inneren die Voraussetzungen einer Mitgliedschaft erfüllen. Zugleich müsste auch die Handlungsfähigkeit der EU nach außen aufrechterhalten bleiben. Zuvor hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel eine fünfjährige Erweiterungspause verlangt, da es noch immer Unklarheit über die Zukunft des Lisabonner Vertrages gebe, dessen Ratifizierung aus Sicht der wichtigsten EU-Regierungen als Voraussetzung für neue Erweiterungsrunden gilt.

Eine „Überraschung“ im Westbalkan?

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn äußerte sich optimistisch über Albaniens Fortschritte im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Albanien habe „das Image der Vergangenheit“ überwunden. Innerhalb von fünf bis zehn Jahren könne Albanien sich zu einer „Überraschung“ im Westbalkan entwickeln. Rehn fügte hinzu, dass die EU-Erweiterung um andere ehemalige Ostblockstaaten sowohl diesen neuen Mitgliedern als auch den alten EU-Staaten einen Gewinn gebracht hätte.

Autor: Fabian Schmidt

Redaktion: Bernd Johann