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Klaviervirtuose und Hobby-Literat

5. Januar 2011

Wenn der Pianist Alfred Brendel das Podium betrat, lagen ihm Kritiker wie Publikum gleichermaßen zu Füßen. Zwar hat er sich vom Konzertpublikum verabschiedet; aktiv ist Brendel aber immer noch...

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Der berühmte Pianist Alfred Brendel 2004 in München bei einer Lesung (Foto: dpa)
Bild: dpa - Fotoreport

Vom Publikum vergöttert, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und von der englischen Königin zum "Sir" geadelt: Alfred Brendel gilt als einer der herausragendsten Klaviervirtuosen des 20. Jahrhunderts.

Steile Karriere

Als Alfred Brendel drei Jahre alt ist, zieht seine Familie nach Jugoslawien, er bekommt bald Klavierunterricht, studiert schließlich in Graz und gibt mit 17 sein erstes Konzert.

Ein Jahr später der erste Karriere-Höhepunkt: Brendel sorgt für Furore beim internationalen Busoni-Wettbewerb in Bozen. Der erste Preis ist ihm sicher. In den 50er Jahren zieht die Familie nach Wien. Seit Anfang der 1970er Jahre lebt Brendel in London. Neben seiner Konzerttätigkeit hat er zahlreiche Gedichte und Essays verfasst und Bücher veröffentlicht.

Alfred Brendel im Wiener Musikverein (Foto: EPA/Dieter Nagl/ Wiener Musikverein)
Alfred Brendel im Wiener MusikvereinBild: Picture-Alliance/dpa

Schwerpunkt: Deutsche Klassik

Der hochgewachsene, schlanke Pianist mit markanter großer Brille, buschigen Augenbrauen und zurückgekämmtem Haar macht nicht mit wild-virtuosen Gebärden am Klavier auf sich aufmerksam, sondern mit durchdachten Interpretationen. Von Anfang an setzt er Schwerpunkte in seinem Repertoire. Einer seiner Lieblingskomponisten ist Ludwig van Beethoven. Als erster Pianist hat Brendel dessen sämtliche Klavier-Werke auf Schallplatte aufgenommen. Besonders bewundert werden jedoch seine Einspielungen der Sonaten und Klavierstücke von Franz Schubert. Der deutsche Musikkritikerpapst Joachim Kaiser bezeichnete Brendel schlicht als den Schubert-Interpreten nach 1950.

Über die Werke seiner Lieblinge sagt Brendel: "Wenn man die richtigen Stücke spielt, mit denen ein Leben zu verbringen sich lohnt, dann sind das Kraftquellen, die ständig neue Energie aussenden und die Kräfte des Spielers regenerieren."

Kein Leben nur für die Musik

Ausstellung 'A Space For Mozart' im Geburtshaus von Wolfgang Amadeus Mozart in der Getreidegasse in Salzburg (Foto: Christian Schneider/dpa)
Ausstellung im Geburtshaus von Wolfgang Amadeus MozartBild: picture-alliance/ dpa

Mozart, Beethoven, Schubert, Liszt oder Busoni: Wenn Alfred Brendel sich mit einem Komponisten beschäftigt, tut er es mit Leidenschaft, Akribie und Zeit. Doch die nimmt er sich auch für Dinge, die nichts mit Musik zu tun haben: "Für mich war es immer ein Bedürfnis, nicht nur zu lesen, sondern auch zu schreiben. Ich habe in jungen Jahren auch eine Zeit lang gemalt", erzählt der Pianist, "jetzt ist es für mich immer wichtiger geworden zu schauen. Ich gehe in Museen, Ausstellungen, ins Kino und ins Theater."

Adrian Brendel (Foto: DW-TV)
Adrian BrendelBild: DW-TV

Am 18. Dezember 2008 gab Brendel sein letztes öffentliches Konzert. Die Familie war und ist bis heute für ihn ein wichtiges Refugium. Mit seinem Sohn, dem Cellisten Adrian Brendel, hat er kurz vor seinem Abschied als Konzertpianist noch Beethovens Cellosonaten aufgenommen. Mit ihm steht Alfred Brendel auch jetzt immer wieder auf der Bühne. Allerdings spielt er nicht mehr Klavier, sondern rezitiert Texte. Aber auch den Klavierdeckel hat er noch nicht endgültig zugeklappt: Nach wie vor gibt er sein Wissen um die Interpretation in Meisterkursen an junge Pianisten weiter - auch über seinen 80. Geburtstag am Mittwoch (05.01.2011) hinaus.

Autor: Klaus Gehrke
Redaktion: Gudrun Stegen