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Algerien unter Schock

Wim Abbink23. Mai 2003

Mehr als 1500 Tote, 7200 Verletzte, zahlreiche Vermisste, ganze Straßenzüge und Häuserblöcke in Trümmern: Das ist die vorläufige Schreckensbilanz des Erdbebens in Algerien.

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Trauer und Trümmer in AlgerienBild: AP

Nach dem schwersten Erdbeben in Algerien seit über zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Toten nach vorläufigen Angaben des algerischen Innenministeriums auf über tausend angestiegen. Bis Donnerstagabend (22.5.03) seien 1092 Tote und mehr als 6700 Verletzte gezählt worden, sagte Innenminister Yazid Zerhouni in Algier. Hunderte waren den Angaben zufolge noch unter Trümmerhaufen verschüttet. Ministerpräsident Ahmed Ouyahia sprach von einer "nationalen Katastrophe". Präsident Abdelaziz Bouteflika ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

Zahlreiche weitere Opfer befürchtet

Das ganze Ausmaß der Katastrophe im dicht besiedelten Großraum der Hauptstadt Algier war auch einen Tag nach dem Beben nicht absehbar. Unter den Trümmern eingestürzter Häuser wurden noch zahlreiche Opfer befürchtet. Das Zentrum des Bebens lag 60 Kilometer östlich von Algier bei Thenia. Dort wurden ganze Dörfer dem Erdboden gleich gemacht. Schwere Schäden richteten die Erdstöße auch in der Hauptstadt selbst an.

Das Hauptbeben erschütterte die nordalgerische Region am Mittwochabend (21.5.03). Nach Angaben des algerischen Forschungszentrums für Astronomie und Astrophysik (CRAAG) hatte es eine Stärke von 5,8 auf der Richterskala. Die US-Erdbebenwarte in Denver im US-Bundesstaat Colorado maß sogar eine Stärke von 6,8. Bis Donnerstagmorgen gab es mindestens zehn Nachbeben. Das letzte Erdbeben dieser Größenordnung in Algerien ereignete sich im Oktober 1980. Damals kamen in der Stadt Al Asnam 2.500 Menschen ums Leben.

Internationale Hilfe angelaufen

Am schwersten betroffen waren die Region um Rouiba etwa 30 Kilometer östlich von Algier sowie Boumerdes 50 Kilometer östlich der Hauptstadt. Nach Angaben des Innenministeriums kamen im Département Boumerdes 624 Menschen ums Leben. In Algier riss die Wucht der Erdstöße Straßen auf, Teile von Häuserfassaden stürzten auf die Straßen. Viele tausend Menschen sind obdachlos geworden.

Zur Unterstützung der Rettungsarbeiten flogen 25 Mitarbeiter des deutschen Technischen Hilfswerks von Frankfurt am Main aus in die Region. Zehn Rettungshunde sollten die Helfer nach Angaben des Bundesinnenministeriums bei der Suche nach Verschütteten unterstützen. Bereits in der Nacht hatte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) veranlasst, dass zwei deutsche Experten der SEEBA (Schnell-Einsatz-Einheit-Bergung-Ausland) nach Algerien aufbrachen. Auch Frankreich, Italien und Japan schickten Zivilschutz- und Ärzteteams. US-Präsident Bush sagte ebenfalls Hilfe zu.

Technisches Hilfswerk Erdbeben in Algerien
Deutsche Helfer für AlgerienBild: AP

Kontinentalplatten treffen aufeinander

Das Beben war bis nach Spanien zu spüren, besonders an der Mittelmeerküste sowie auf Mallorca und Ibiza. Wie das nationale geographische Institut mitteilte, erreichten die Erdstöße auf Mallorca die Stärke 4,0 auf der Richterskala. Vor den Balearen ließen meterhohe Wellen mehrere Dutzend Boote kentern. Zudem wurden Unterwasser-Telefonkabel beschädigt, wie France Télécom mitteilte. Verbindungen von Algerien nach Europa, Asien, Nahost und in den Pazifik-Raum waren unterbrochen.

Nach Expertenauskunft häufen sich Erdbeben in Nordafrika wegen der Kontinentalverschiebung. Im Mittelmeerraum treffen die große Nordafrikanische und die Euroasiatische Kontinentalplatte aufeinander. Nach Untersuchungen des GeoForschungszentrums Potsdam haben sich in etwa 17 Kilometer Tiefe Gesteinspakete auf einer geneigten Fläche schräg übereinander und parallel zur Küste verschoben.