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"Alle Räder stehen still"

Jens Thurau 23. Juni 2003

Im Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche in der ostdeutschen Metallindustrie ist noch keine Einigung in Sicht. Wegen des Streiks gibt es in den Stammwerken von BMW, VW und DaimlerChrysler zunehmend Kurzarbeit von Null.

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Streiken für weniger ArbeitBild: AP

Leichte Anzeichen einer Kompromissbereitschaft bei den Gewerkschaften, teilweise Produktionseinstellungen in großen Autokonzernen - das sind die Schlagzeilen zu Beginn der vierten Streikwoche in der ostdeutschen Metallindustrie. Von Seiten der IG Metall hieß es zu Wochenbeginn (23. Juni 2003), denkbar seien flexible Regelungen zur Einführung der 35-Stunden-Woche, die sich an den jeweiligen betrieblichen Bedingungen orientierten.

Auswirkungen der Streiks im Westen

Bei den großen Autokonzernen VW und BMW kommt es bereits zu Problemen in der Produktion. Vor allem, weil Zulieferbetriebe im Osten bestreikt werden. BMW stellte in München und Regensburg die Produktion seiner Dreier-Reihe ein. Konzernsprecher Richard Gaul drohte im ZDF-Morgenmagazin damit, dass sich das Engagement des Unternehmens in den neuen Ländern künftig verringern werde. "Durch diese Situation stellt sich die Frage, ob unsere Investition und die Entscheidungen für jeweilige Zulieferer in der bisherigen Situation durchgehalten werden können", ließ er wissen.

Ultimatum der Gewerkschafter

Betriebsräte der Autokonzerne und der Zulieferbetriebe treffen sich am Montag (23. Juni 2003) in Frankfurt am Main mit der Gewerkschaftsspitze, um das weitere Vorgehen zu beraten. Die Streiks sind auch bei den Arbeitnehmern nicht unumstritten. Sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement fordern ein schnelles Ende des Tarifstreits.

Bis Mittwoch (25. Juni 2003) hat die IG Metall den Arbeitgebern ein Ultimatum gestellt, die ruhenden Verhandlungen wieder aufzunehmen und versprochen, bis dahin auf eine Ausweitung der Aktionen zu verzichten. Der stellvertretende IG-Metall-Chef Jürgen Peters rechtfertigte den Arbeitskampf. "Ein Streik, der keine Folgen hat, ist wirkungslos und wird die Arbeitgeber nicht dazu bewegen, wieder an der Verhandlungstisch zurückzukehren", sagte der Gewerkschaftsmann.

Mehr als nur ein Streit um Arbeitszeiten

Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt hat Einwände gegen die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland. "Ich glaube, ich habe die Verpflichtung darauf hinzuweisen, dass wir so die Angleichung an den Westen nicht schaffen", sagte er. Gleichzeitig wies er Anschuldigungen zurück, sich zu sehr in die Tarifautonomie einzumischen.

Milbradt fügte hinzu, gerade einmal 8000 organisierte Beschäftigte hätten über einen Streik entschieden, der tatsächlich rund 100.000 Metaller betreffe. Deren übergroße Mehrheit sei gegen lange Streiks in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Gewerkschaft aber glaubt, dass der Konflikt über eine wichtige Zukunftsfrage entscheidet: Schafft sie es nicht, auch im Osten die 35-Stunden-Woche durchzusetzen, dann droht die IG Metall auch im Westen mit der Wiedereinführung der 38-Stunden-Woche. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht.