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Alles bestens geregelt

Wim Abbink21. Juni 2004

Wer Eurokratie in Brüssel vermutet, liegt nicht ganz falsch. Aber es gibt sie auch im schweizerischen Nyon. Dort befindet sich der Sitz der UEFA, des Europäischen Fußballverbandes. Auch dort ist alles geregelt. Bestens.

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Eiertanz nach Recht und GesetzBild: APTN/DW

Und das ist auch gut so. Gerade jetzt. Immer, wenn die Endphase der Gruppenspiele bei internationalen Fußballturnieren naht, tauchen sie wieder auf: die klassischen und doch immer wieder neuen Fragen, die von den vermeintlichen Fußballkennern vor den Fernsehern in den Wohnzimmern, den Büros oder in den Kneipen heiß diskutiert werden.

Die am meisten gestellte Frage lautet wohl: Wer kommt weiter und von welchem Gruppenplatz aus (nicht unwichtig für die nächsten Spiele), wenn zwei oder gar mehr Mannschaften die Gruppenspiele punktgleich, vielleicht auch noch mit gleicher Tordifferenz oder, noch schlimmer, torgleich beenden?

Auch rustikale Spielweise kann fatal sein

Dabei ist doch alles so einfach: Die UEFA erweist sich auch hier als wahre Eurokratie, die jedes Detail im Griff hat. Kapitel V (Wettbewerbsmodus), Absatz 6.16 des Reglements der Fußball-Europameisterschaft (eine Fundgrube für den Liebhaber!) legt es ganz genau fest:

a) Punktzahl aus den direkten Begegnungen
b) Tordifferenz aus den direkten Begegnungen
c) Anzahl erzielter Tore in den direkten Begegnungen (bei mehr als zwei punktgleichen Mannschaften)
d) Tordifferenz aus allen Gruppenspielen
e) Anzahl erzielter Tore in allen Gruppenspielen
f) Koeffizient aus den Vorrunden zum Weltpokal 2000/02 und zur UEFA-Fußball-Europameisterschaft 2000/04 (erzielte Punkte dividiert durch ausgetragene Spiele)
g) Fairplay-Verhalten der betreffenden Mannschaften (Endrunde)
h) Losentscheid der UEFA-Administration

Ein Beispiel: In Gruppe C wären bei einem Sieg Italiens über Bulgarien und einem gleichzeitigen Unentschieden zwischen Schweden und Dänemark drei Mannschaften punktgleich - auch, was die Punktzahl aus den direkten Begegnungen angeht. Gut also, dass es noch weitere Kriterien gibt - Punkt c) zum Beispiel hat gerade die Griechen von "König Otto" ins Viertelfinale gebracht.

Zur Not tut es auch Punkt g): Fairplay. Die Italiener können nach Tottis Spuckangriff nur hoffen, dass dieses Kriterium nicht herangezogen werden muss. Weil spätestens hier deutlich wird, dass schlechtes Benehmen auf dem grünen Rasen - mit entsprechend vielen Gelben, Gelb-Roten und Roten Karten - einer Mannschaft unter Umständen ziemlich teuer zu stehen kommen kann.

Koeffi ... was?!

Allerdings wird vor dem Fairplay-Verhalten (der scheint den Fußball-Oberen also doch nicht sooo ganz wichtig zu sein) Punkt f) herangezogen: der UEFA-Koeffizient. Und der hat es nun wirklich in sich: Er ist ein Mittelwert aus erreichter Gesamtpunktzahl geteilt durch die Anzahl der ausgetragenen Spiele in den letzten Jahren, usw. usf. Das ist absolut unfair gegenüber denen, die nichts anderes wollen als sich bei einigen Bierchen ein Fußballspiel anschauen.

Simpel ist dann wieder die letzte Regel, die auch Fußballliebhaber mit einem gewissen Blutalkoholspiegel sofort kapieren: Wenn auch der UEFA-Administration keine Kriterien mehr einfallen, dann entscheidet das Los. Basta.