1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Alles geregelt, nichts geklärt

Klaus Dahmann1. Oktober 2002

Die Außenminister der Europäischen Union haben sich auf einen Kompromiss im Streit um den Internationalen Strafgerichtshof geeinigt - ein fauler Kompromiss, meint Klaus Dahmann in seinem Kommentar.

https://p.dw.com/p/2iJ4

Alles geregelt, nichts geklärt - besser kann man den Kompromiss der EU-Außenminister zum Internationalen Strafgerichtshof nicht charakterisieren. Sie haben eine typisch europäische Lösung gefunden: derart verworren, dass jeder das Gefühl hat, nun eben doch machen zu können, was er schon vorher vorhatte.

Für bilaterale Nicht-Auslieferungs-Abkommen mit den USA gibt es Bedingungen. Diese Bedingungen gleichen jedoch einer Quadratur des Kreises: Die EU-Staaten dürfen zwar Abkommen schließen, aber nicht solche, wie sie die US-Regierung verlangt. Zum Beispiel besteht Washington auf Immunität für alle US-Bürger - einschließlich des Präsidenten und der Regierungsmitglieder. Denn gerade die befürchten, dass sie nach einem Angriff auf den Irak plötzlich in Den Haag landen könnten. Schließlich hat sich der Internationale Strafgerichtshof auf die Fahnen geschrieben, besonders die hochrangigen Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zu belangen. Der Kompromiss der EU-Außenminister sieht nun vor, dass nur Diplomaten und Soldaten von einem Nicht-Auslieferungs-Abkommen betroffen sein dürfen. Eindeutig zu wenig, um Washington zufrieden zu stellen.

Zufrieden sind aber nun diejenigen 13 EU-Länder, die die Anfrage der USA ohnehin in den Papierkorb wandern lassen wollen. Zufrieden sind aber auch die zwei Länder, die das Abkommen unterschreiben wollen: Großbritannien und Italien. Sie können nun mit den USA in Ruhe an den Paragraphen feilen, bis es schließlich doch irgendwie sowohl für Washington als auch für Brüssel in Ordnung geht.

Aber so richtig glücklich kann wohl keiner sein. Denn damit ist weder der trans-atlantische Streit um den Strafgerichtshof ausgeräumt, noch hat die EU die gemeinsame Position gefunden, die sie eigentlich hatte finden wollen. Verwirrend ist das besonders für die EU-Beitrittskandidaten: Brüssel hatte sie vor einer voreiligen Unterzeichnung des Abkommens mit Washington gewarnt, mit der Empfehlung, sie mögen sich doch bitte der gemeinsamen Linie der EU-Staaten anschließen. Herausgekommen ist nun ein Kompromiss, den jeder so interpretieren kann, wie er gerne will. Keinen Rat zu geben, wäre wohl besser gewesen als diesen.