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Also doch: Schröder spricht mit 'Bild'

Marcel Fürstenau12. März 2004

Es kommt selten vor, dass in dieser Kolumne zwei Wochen nacheinander das gleiche Thema behandelt wird. Aber es sei erlaubt - zumal es um die Größen dieser Republik geht.

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Es geht hier erneut um den bizarren Streit zwischen Deutschlands wichtigstem Politiker und Deutschlands wichtigster Zeitung: Gerhard Schröder und 'Bild‘. Seit einiger Zeit reden die beiden nicht mehr miteinander. Der Herr Bundeskanzler boykottiert nämlich das Boulevardblatt, weil er mit dessen Berichterstattung unzufrieden ist. Das findet die 'Bild‘ verständlicherweise schlecht und darf sich über Solidaritätsadressen anderer Gazetten freuen, die normalerweise wenig Sympathien haben für die in ihren Augen unappetitliche Konkurrenz mit den vielen Nacktfotos.

Die Unterstützung im Namen der Presse-Freiheit ist gut, richtig und wichtig, aber auch ein bisschen scheinheilig. Natürlich ist es unakzeptabel, ungeschickt und 'dämlich‘ (Süddeutsche Zeitung), wie sich der Kanzler formal verhält. Aber so zu tun, als wäre die Pressefreiheit bedroht, weil die 'Bild‘ ignoriert wird, ist zu viel der Ehre für diese wie jede andere Zeitung. Denn sachlich gibt es keinen wie auch immer gearteten Anspruch auf ein Interview von wem auch immer.

Wichtige und unwichtige Journalisten

Natürlich gibt es eine Rangfolge der Medien. Das Fernsehen ist wichtiger als die Zeitung, am unbedeutendsten ist das Radio (weshalb ich als Radio-Journalist keine realistische Chance habe, jemals ein Kanzler-Interview zu ergattern). Das wissen alle Beteiligten, von denen sich viele ihrer exzellenten Kontakte zu Politikern rühmen und sie auch weidlich (aus)nutzen. Weshalb sie nicht automatisch bessere Journalisten sind, sondern meistens nur für ein wichtigeres Medium arbeiten.

Es handelt sich also um das übliche Geben und Nehmen in einem Geschäft, das nach denselben Spielregeln funktioniert wie jedes andere auch. Was hätte der Kanzler auch davon, kleinen Lokalblättern oder regionalen Privatsendern Rede und Antwort zu stehen. Die sind zwar auch wichtig, aber für ein anderes Publikum und nicht für den Kanzler. Der und andere Politiker laden aus diesem Grund auch nur Journalisten in Hintergrundkreise ein, die sie gezielt informieren wollen. Und von diesem ins-Vertrauen-ziehen fühlen sich viele Kollegen ja auch geschmeichelt. Die unausgesprochene Botschaft lautet: wer nicht zu den Auserwählten zählt, ist nicht wichtig. Und das stimmt ja auch, nur in einem anderen Sinne, als es mancher Kollege meint: nicht er/sie ist wichtig, sondern das Medium.

Und was die vom Kanzler gemiedene 'Bild‘ betrifft: die ist so wichtig und einflussreich, dass sie ihre Informationen auch ohne den Kanzler bekommt. Und mit Schröders Interview-Boykott macht sie auch noch ganz clever Schlagzeilen. Seit vergangenem Freitag in Form eines täglichen Interviews mit Gerhard Schröder - 67jähriger pensionierter Stabsfeldwebel aus Hamburg ...