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Alternativen erwünscht

Wolter von Tiesenhausen12. November 2002

Zwei Monate nach der verlorenen Bundestagswahl setzt die CDU gegen die rot-grüne Koalition wieder auf Angriff. Allerdings wird die Opposition auch konkrete Alternativen zur Regierungspolitik anbieten müssen.

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Das Schicksal meint es nicht leicht mit den deutschen Christdemokraten. Erst verlieren sie knapp die Wahlen, dann beweist die rotgrüne Regierung, daß sie ihren Wahlsieg einer massiven Wählertäuschung verdankt. Da hilft das Klagen der Geschlagenen wenig, mag es auch noch so berechtigt sein. Der Union bleibt nur die undankbare Rolle der Opposition, regieren tun die anderen, Gerhard Schröder und seine Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen. Als Trost bleibt die Gewissheit, über die eigene Mehrheit im Bundesrat, der Vertretung der Länder in der Bundesgesetzgebung, korrigierenden Einfluss ausüben zu können.

Damit diese Mehrheit gesichert und möglichst noch ausgebaut werden kann, verzichtete die CDU auf ihrem Parteitag in Hannover weitgehend auf die inhaltliche Auseinandersetzung. Eine grundlegende, sehr kämpferische Rede der Parteivorsitzenden Angela Merkel gab die Richtung vor: die Fehler der Regierung aufdecken, die Widersprüche zu deren Aussagen vor der Wahl thematisieren und vor allem die eigenen Alternativen deutlich machen. Dem Kanzler und seiner Regierung hielt sie vor, nur noch den Augenblick zu verwalten, nicht aber die Zukunft zu gestalten. Schröder - so Angela Merkel - fehle die Idee für das Ganze.

Notwendig ist nach Meinung der CDU-Vorsitzenden die Rückkehr des Politischen. Damit meint sie gestaltendes Handeln, daß sich an verbindlichen Maßstäben orientiert. Für die CDU ist dieser Maßstab das christliche Menschenbild. Die Verantwortung des Einzelnen als unverwechselbares Geschöpf Gottes für sich und andere, von der Kleinfamilie über die verschiedenen staatlichen Ebenen bis hin zur Weltgemeinschaft der Völker. In der politischen Alltagspraxis bedeutet dies zum Beispiel, daß die sozialen Sicherungssysteme nach Meinung der CDU nur erfolgreich zu reformieren sind, wenn die Beteiligung der Versicherten, also des Einzelnen ausgeweitet wird.

Rückkehr des Politischen heißt aber auch, dem Bürger von Anfang an die Konsequenzen einer politischen Entscheidung aufzuzeigen. Der Wähler und Steuerzahler hat Anspruch darauf, von den Politikern ernst genommen zu werden. Wenn man ihm nicht offen sagt, was auf ihn zu kommen könnte, wird er verunsichert, möglicherweise verängstigt und verärgert. Ein schlagender Beweis dafür ist die gegenwärtige Konsumzurückhaltung der Deutschen. Wer sich Sorgen um die Zukunft macht, schränkt seinen Verbrauch ein und legt einen Notgroschen zurück. Wenn die Christdemokraten wieder Erfolg haben wollen, müssen sie sich dieser Sorgen annehmen und durch ihre politischen Alternativen abbauen.