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Alternativen zur alternativen Stromgewinnung

Nadim Abdul-Karim20. September 2004

Dass man aus organischen Stoffen Strom gewinnen kann, hat jeder von uns schon mal gehört. Aber welche Stoffe dafür in Frage kommen, wird doch so manchen überraschen.

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EcoBot verdaut Fliegen und gewinnt daraus StromBild: University of the West of England

Folgenden Versuch hat bestimmt jeder von uns schon einmal im Chemieuntericht durchgeführt: Man verkabelt eine Kartoffel mit einem Zink- und einem Kupferanschluss, baut einen Verbraucher mit ein und schließt den Stromkreis. Es findet eine chemische Reaktion zwischen den beiden Metallen und dem Kartoffelsaft statt, die die Elektronen dazu bringen, durch die Kabel zu fließen. Der Verbraucher, zum Beispiel eine Leucht-Diode, fängt an zu leuchten. Klingt komisch - ist aber so. Und es gibt auch weitaus interessantere Methoden, um aus organischen Stoffen Energie zu erzeugen.

Roboter frisst Fliegen

Ein neuentwickelter Roboter gewinnt seine Energie aus einem ganz besonderen Stoff. Er verdaut Fliegen mit Hilfe von Bakterien und erzeugt daraus Strom. Wie das funktionieren soll, ist im Prinzip einfach zu erklären: Die Bakterien werden benötigt, um die eigentliche Energiequelle, den Zucker im Chitinpanzer der Fliegen, überhaupt erst zu verwerten. Dies geschieht in dafür vorgesehenen Bakterien-Brennstoffzellen, die Abwasserschlamm enthalten. In diesem Schlamm lebende Mikroben zersetzen im Vorfeld das Chitin mit Hilfe ihrer Enzyme und setzen dabei Zucker frei. Der Zucker dient dann den Bakterien als Brennstoff für ihren Stoffwechsel und genau bei dieser Verbrennung entstehen die Elektronen, die den Stromfluss erzeugen. Momentan schafft EcoBot II, so der Name des Roboters, eine rasante Geschwindigkeit von 10 Zentimetern pro Stunde. Entwickelt wurde der Roboter von Chris Melhuish und seinem Team an der University of the West of England in Bristol.

Professor Chris Melhuish
Professor Chris Melhuish ist der Schöpfer des Fliegen fressenden RobotersBild: University of the West of England

Umgekehrt funktioniert der Klärschlamm-Reaktor so effizient, dass der Roboter mit einer "Tankfüllung" von acht dicken Brummern fünf Tage lang arbeitet. EcoBot II ist nicht die erste Entwicklung aus Melhuishs Labor, die Appetit auf Fleisch hat. Ein Vorgänger mit Namen Slugbot sollte Schnecken von Feldern lesen und die Pflanzenschädlinge wiederum zu Methan als Energieträger vergären. Angesichts der schleppenden Methanerzeugung schwenkten die Forscher jedoch auf die mikrobielle Fliegenzersetzung um.

Noch muss EcoBot II mit toten Fliegen gefüttert werden. Das Endziel von Chris Melhuish und seinen Kollegen von der Universität in Bristol ist es, einen Roboter zu entwickeln, der die Insekten in freier Natur selbsttätig anlockt. "Das ist ja das tolle an Fliegen: Du kannst sie dazu bringen, zu dir zu kommen", kommentiert Meluish. Damit könnte EcoBot II der erste Roboter werden, der vollständig autonom ist und sich unabhängig vom Menschen selbstständig mit Energie versorgt. Autonome Roboter sind aber keine Spielerei, sondern könnten in Zukunft eingesetzt werden, um in verseuchte Gebiete vordringen zu können. Von dort aus könnten sie dann wissenschaftliche oder auch militärische Daten an eine Basisstation senden.

Solarzellen mit dem Blub

Sonnenkollektor
Ein "herkömmlicher" Sonnenkollektor mit Silizium-ZellenBild: dpa

Ein weiterer organischer Stoff, der für Laptops und andere elektrische Geräte nutzbar sein kann, ist der Spinat. Das Entwicklerteam um Marc Baldo vom Massachusettes Institut of Technology (MIT) isolierten photosynthetische Proteine aus Spinatpflanzen und übertrugen sie auf eine dünne Goldfolie, die mit einer leitenden Schicht aus Metall verbunden war. Die Eiweißschicht wurde dann mit einer ebenfalls leitenden Lage aus organischem Material bedeckt. Trifft nun Sonnenlicht auf diese Sandwich-Schichtstruktur mit den Eiweissmolekülen, werden Elektronen freigesetzt, die sich in einer leitenden Umgebung bewegen und so zu einem Stromfluss führen. Die Herstellung von Spinat-Zellen ist weitaus günstiger als die der herkömmlichen Silizium-Zellen und macht einen alltäglichen Einsatz somit immer wahrscheinlicher.